Veranstaltung: | 64. Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7.1. Vorstand |
Eingereicht durch: | Iris Kimizoglu (Uni Duisburg-Essen) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 31.07.2020, 11:18 |
K-V-IK: Vorstand
Name
Bewerbungstext
Hallo ihr Lieben,
mein Name ist Iris, ich bin 25 Jahre alt und studiere seit Oktober 2019 den sich selbst zu wichtig findenden Studiengang „Politikmanagement, Public Policy und Öffentliche Verwaltung“ an der Universität Duisburg-Essen. Meine Bachelor-Zeit habe ich in Freiburg verbracht, wo ich – wie könnte es auch anders sein – nach und nach in die Hochschulpolitik geraten bin. Da mir Bildung ein extremst wichtiges Anliegen ist, habe ich nun beschlossen, dass ich meine Erfahrungen in der Hochschulpolitik sowie meine Energie im kommenden Jahr für studentische Politik auf Bundesebene einsetzen möchte.
Was bisher geschah
In Freiburg habe ich sehr viel Zeit mit der Hochschulpolitik verbracht (mensch könnte sagen, Hochschulpolitik studiert). Vier Ereignisse haben meine Zeit dort besonders begleitet: 1) Die Einführung von Studiengebühren in Baden-Württemberg für Nicht-EU-Ausländer:innen und Zweitstudierende, 2) die als Zufallsfund zu deklarierende und mittlerweile politisch-motivierte Beschlagnahmung einer Festplatte der Verfassten Studierendenschaft, 3) krasse Einsparungen im Bereich der Lehre der Uni Freiburg aufgrund von chronischer Unterfinanzierung der Hochschulen in Baden-Württemberg sowie 4), die Verhandlungen zum neuen Hochschulfinanzierungsvertrag II zwischen dem Land und den Hochschulen. Daneben bin ich seit einigen Jahren beim fzs aktiv – sowohl als Delegationsmitglied für die VSen Freiburg und Duisburg-Essen, als auch als Mitglied der Ausschüsse Sozialpolitik und Hochschulfinanzierung und Struktur.
Die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer:innen und Zweitstudierende 2016/2017 bewogen mich dazu, mich über die Fachschaft hinaus in die Hochschulpolitik einzubringen. Denn, Studiengebühren sind ein sozio-ökonomisch benachteiligendes Instrument. Sie verstärken den akademischen Elitarismus, da sie genau jene vom Studieren selektiv ausschließen, die sowieso schon stark benachteiligt sind. In einer globalisierten/kosmopolitischen Welt ist eine solche Diskriminierung weder gegenüber inländischen Studierenden, noch gegenüber Ausländer:innen zu rechtfertigen. Ich bin der Überzeugung, dass wir als Wissensgesellschaft eine Verantwortung haben, die über die eigene Nationalgrenze hinaus reicht. Resultat der Gebühren: 20% weniger internationale Studierende an baden-württembergischen Hochschulen. Insbesondere die Studierendenzahlen aus sogenannten Entwicklungsländern sind hierbei drastisch eingebrochen. Zum Glück haben andere Bundesländer dazu gelernt – so hat NRW seine Erwägung zurückgezogen. Dennoch ist offensichtlich: Deutschland setzt wieder vermehrt auf diskriminierende Instrumente im Bildungssystem. Dagegen müssen wir uns als Studierende wehren!
An die Studiengebühren knüpft an, dass ich in Freiburg polizeiliche Repression gegenüber der Studierendenschaft erleben „durfte“. Per Zufall wurde damals eine Festplatte beschlagnahmt (wen das interessiert, findet auf der Homepage des stura.org Freiburgs eine Vielzahl an Stellungnahmen). Bis heute läuft ein gerichtliches Verfahren, in dem „wir“ die Löschung der Spiegelung jener Festplatte fordern. Auf dieser Festplatte finden sich sämtliche Daten von Studierenden in Freiburg bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahmung sowie ein Haufen an Informationen über politische Strukturen in Freiburg. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Land Baden-Württemberg durch das anvisierte Knacken der Festplatte Einblicke in die politischen Strukturen in Freiburg erreichen will. Denn: das von der VS Freiburg völlig unabhängige Verfahren, in dessen Zuge die Festplatte per Zufall beschlagnahmt wurde, ist mittlerweile eingestellt. Dennoch versucht das LKA nach wie vor die Festplatte zu knacken. Da Freiburg unter anderem bei der Einführung von Studiengebühren stark protestiert hat und auch sonst in politischen Fragen in Baden-Württemberg eine große Rolle spielt, liegt also die politische Motivation des Landes auf der Hand. Die Lehre: Studierendenschaften haben einiges an Handlungsspielraum. Wir können politisch aufmüpfig sein und Druck auf die Politik ausüben. Das gilt auch für gesellschafts-politische Fragen, die nur losen politischen Bezug zur Studierendenschaft haben. Als Studierende gehören wir zu den privilegierteren Menschen unserer Gesellschaft. Daher ist es unabdingbar, dass wir Position beziehen, politische Bildungsarbeit fördern und uns gegen staatliche Repression wehren. In diesem konkreten Fall geht es um einen datenschutzrechtlichen Präzedenzfall – daher ist mit Spannung zu beobachten, was dort in den kommenden Jahren weiter geschieht.
Wie schon beschrieben, wurden in Baden-Württemberg damals Studiengebühren eingeführt. Doch warum? Die Gebühren waren der Gedankenfurz der Landesregierung, um die Hochschulen quer-zu-finanzieren, um Gelder im Bildungsbereich kürzen zu können. Generell hat sich in meiner Zeit in der Hochschulpolitik gezeigt: viele Dinge sind auf die chronische Unterfinanzierung des deutschen Bildungssystems zurückzuführen. 2017/2018 führte dies dazu, dass das Freiburger Rektorat krasse Einsparungen im Lehrbetrieb vorsah. Über Monate hinweg habe ich alle möglichen Hebel gesetzt, um dies zu verhindern. Über Vernetzungsarbeit mit unterschiedlichen Stellen der Uni konnte ich die Einsparungen zwar nicht komplett verhindern, aber eine signifikante Milderung des Vorhabens erreichen. Die Erfahrungen hieraus, was interne Vernetzung und starke Öffentlichkeitsarbeit über die Presse und Social Networks, sowie die konstante Informationsweitergabe an die Studierendenschaft erreichen können, möchte ich als Vorständin im fzs weiter nutzen.
Daran schließt sich das vierte und letzte politische Thema an, welches mich bislang begleitet hat: die Verhandlungen zum Hochschulfinanzierungsvertrag II in Baden-Württemberg (im Anschluss an den Zukunftsvertrag). Gemeinsam mit Kommiliton:innen der Landes-Asten-Konferenz habe ich mich seit Anfang des Jahres 2019 in die Hochschulfinanzierung im „Ländle“ eingearbeitet. Im Sommer begann dann die politische Vernetzung mit der Landesrektorenkonferenz (sic!), Gewerkschaften, Studivertretungen aber auch politischen (Hochschul-)Gruppen. Es wurden lange Stellungnahmen geschrieben, die im Ministerium die Runde machten. Nach und nach die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gestärkt und als Krönung ein landesweiter Aktionstag für ein ausfinanziertes Hochschulsystem veranstaltet. Hierbei konnten wir durch Kniffe wie Anleitungen zum Demonstrieren auch kleine ASten abholen. Durch den konstanten öffentlichen Druck konnten wir erreichen, als einzige Akteur:innen neben der Landesrektorenkonferenz (sic!) regelmäßig vom Wissenschaftsministerium in Baden-Württemberg auf den neusten Stand gebracht und zu Gesprächsrunden eingeladen zu werden. Letztlich wurden die Verhandlungen mit 4-5 Monaten Verspätung abgeschlossen, was für unsere Arbeit (der Aktiven im AK HoFVII) spricht. Wen das ganze interessiert, findet unter hochgeschult-kaputtgespart.de weitere Infos.
Was ich als Vorständin im fzs erreichen möchte
Der Kampf gegen Bildungsungerechtigkeiten ist mir das wichtigste Anliegen innerhalb der Hochschulpolitik. Gerade innerhalb der Corona-Pandemie haben diese Fragen wieder an Wichtigkeit gewonnen. Denn, wie wir mittlerweile auch zahlenbezogen wissen, gibt es eine Vielzahl an Studierenden, die seit Monaten existenzgefährdet sind. Das Bundesministerium hat viel zu spät und absolut unzureichend reagiert. Die Ablehnungsquote von teilweise über 50% der Nothilfe ist nicht nachvollziehbar und überhaupt: das Tool funktioniert einfach nicht richtig. Im kommenden Jahr möchte ich die Arbeit des bisherigen Vorstandes weiterführen, um dieser sozio-ökonomischen Diskriminierung entgegenzuwirken. Hieran schließen nahtlos Fragen der Hochschulfinanzierung an. Denn, gerade jetzt zeigt sich einmal mehr, was die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen bedeutet – gerade auch in Sachen Digitalisierung, die in den vergangenen Jahren natürlich mangels Geldes nicht gerade die höchste Priorität hatte.
Zudem möchte ich den Verband selbst voranbringen (ob das funktioniert, ist dann die andere Frage). 1) Zum einen möchte ich meine Erfahrungen aus einer basis-demokratisch organisierten Studischaft dazu nutzen, die Rückbindung an die Verbandsmitglieder zu stärken und das Top-Down Gefälle im Verband nach Möglichkeit zu durchbrechen. Hierzu gehört auch, dass über Social Media und andere Kanäle ein konstanter Informationsfluss herrscht (aber in Dosen, dass nicht die Mailordner geflutet werden). Vernetzung ist hierbei ebenso ein wichtiger Bestandteil. 2) Zum anderen habe ich mir das Ziel gesetzt zu schauen, inwiefern wir den Verband intern wieder voran kriegen. In den letzten Jahren gab es einige große Konflikte, die leider nicht oder nur unzureichend gelöst wurden. Dass wir es als progressiv-feministischer Verband nicht schaffen, Konflikte frühzeitig zu lösen, sondern es immer erst einmal eskalieren muss, ist eigentlich nicht zu tolerieren. Mir ist es daher ein Anliegen das Verbandsklima durch die Erprobung neuer Formate zu verbessern, als auch Strukturen zu überdenken (sei es durch externes Consulting, Arbeitskreise im Verband, etc.).
Ich bin der festen Überzeugung gemeinsam mit Jonathan, Carla und Paul ein motiviertes und funktionierendes Team zu stellen, dass gemeinsam Probleme angeht, Vernetzung vorantreibt und auf Veränderungen in der Hochschullandschaft hinarbeitet.
Kurze Biographie
Duisburg
Seit WS2019/20 - Mitglied der Senatskommission für Entwicklungsplanung und Finanzen der Uni Duisburg-Essen
fzs
Seit WS2019/20 - Mitglied im Ausschuss Hochschulfinanzierung und Struktur des fzs
Seit SoSe2017 - Mitglied im Ausschuss Sozialpolitik des fzs
Freiburg(unvollständige Liste)
WS2018/19 – SoSe2019 - Referentin des Außenreferats, Mitarbeit in der LAK Baden-Württemberg; EPG-Kommission Uni Freiburg; Mitarbeit im Referat für Studierende mit Rassismuserfahrung; StuRa-Mitglied
Akad. Jahr 2017/18 - Vorstandsmitglied der Studierendenschaft der Uni Freiburg
Akad. Jahr 2017/18 - Studentische Senatorin Uni Freiburg; Fakultätsrat, StuRa, ZfS-Qualitätssicherungskommission
WS2016/17 – SoSe2019 - AK Freie Bildung Freiburg Landesweite Kampagne und Demos gegen Studiengebühren in Baden-Württemberg - https://freiebildungak.wordpress.com/
Akad. Jahr 2016/17 - Fakultätsrat, StuRa
Akad. Jahr 2015/16 - Studienkommission, StuRa, Fakultätsrat
WS2015/16 – SoSe2019 - Fachschaft Politik Universität Freiburg – fspolitik.de