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Ä1 zu I-A4: Positionspapier: Hochschulfinanzierung

Antrag: Positionspapier: Hochschulfinanzierung
Eingereicht durch: Iris Kimizoglu, Jan Cloppenburg (Ehemals Ausschuss Hochschulfinanzierung)
Status: Behandelt
Eingereicht: 28.02.2021, 18:42

Antragstext

Von Zeile 155 bis 174:

Als das Bundesverfassungsgericht 1972 urteilte, dass Hochschulen nicht selbständig den freien Zugang zur Hochschulbildung durch willkürliche Numerus Clausus ohne eine gesetzliche Grundlage beschließen dürfen, ahnte es vermutlich nicht, was die Bundesländer daraus machen würden. Denn so richtig das Urteil für das Grundrecht auf Bildung ist, desto fragwürdiger ist die Handhabung der Länder. So erließen jene sogenannte Kapazitätsverordnungen (KapVo). In der KapVo wird geregelt, wie die hoch die Aufnahmekapazität der Hochschulen ausfällt. Darauf basierend ist begrenzt, wie viele Stellen eine Hochschule für die Bereitstellung der Lehre einrichten kann, da dies an die gesetzlichen Angaben der Lehrdeputate geknüpft ist. Die Folge: selbst wenn die Hochschulen solide grundfinanziert wären, werden sie in der Stelleneinrichtung und Lehrdeputatsverteilung durch die KapVos beschränkt. Diese wurden im Zuge der steigenden Studienanfänger*innenzahlen natürlich nicht annähernd ausreichend angehoben, da dies zur Folge gehabt hätte, dass die Länder entsprechend auch mehr Mittel in der Grundfinanzierung hätten bereitzustellen haben. So ist auch aus dieser Perspektive nicht verwunderlich, dass die HSP und ZVL Mittel keinerlei Auswirkungen auf Betreuungsrelationen hatten. Insgesamt sind aber Kapazitätsverordnungen an sich nicht das Problem, sondern, dass die Länder diese auf einem schier unrealistischen Stand belassen, anstatt eine bedarfsgerechte Anpassung vorzunehmen.

Nachdem bereits vielerorts von den Hochschulen NCs eingeführt worden waren und mehrere Bewerber*innen auf Zulassung zum Medizinstudium geklagt hatten, fällte das Bundesverfassungsgericht 1972 mit seinem ‚Numerus Clausus-Urteil‘[1] eine weichenstellende Entscheidung hinsichtlich der Nutzung der Lehrkapazitäten der Hochschulen. Nachdem sich Hochschulen zuvor bei der Einführung von Zulassungsbeschränkungen schon an den vorhandenen personellen Kapazitäten orientiert hatten, entschied das Gericht, dass Zulassungsbeschränkungen (z. B. in Form von NCs) nur „unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten“ (BVerfGE 1972) erlaubt sind, und begründete dies mit dem Teilhaberecht an den vom Staat gebotenen Bildungs- und Lebenschancen. Außerdem sollen die Universitäten dabei gleichmäßig ausgelastet werden. Da dadurch das Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium (welches sich aus dem Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ergebe) eingeschränkt wird, könne dies nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geschehen. Mit einem noch im selbem Jahr geschlossenen Staatsvertrag regelten die 16 Länder nicht nur Zulassungsverfahren und -kriterien bundesweit einheitlich, sondern schufen die Rechts- und Berechnungsgrundlage dafür, dass alle Hochschulen ihre Lehrkapazitäten ausschöpfen und gleichmäßig belastet werden. Diese Regelungen hat jedes Bundesland in Form einer Kapazitätsverordnung (KapVO) in Landesrecht überführt.

Die Forderungen des BVerfG der erschöpfenden und gleichmäßigen Nutzung der Lehrkapazitäten, auf denen das Kapazitätsrecht aufbaut, führen also dazu, dass Studienbewerber*innen nicht willkürlich abgewiesen werden können und dass die Studienqualität an allen Hochschulen in etwa ähnlich gut ist (da aufgrund gleicher Berechnungsgrundlage ermittelt wird, wie viele Studienplätze sich aus den vorhandenen Lehrkapazitäten ergeben). Werden die Parameter der Kapazitätsberechnung aber tief genug runter geschraubt - wie die Bundesländer das getan haben, um nicht mehr Geld für die Hochschulen ausgeben zu müssen - kommt dabei auf der Kehrseite jedoch heraus, dass die Studienqualität überall gleich schlecht ist.

Hier besteht ein schwieriges Spannungsfeld: Würden z. B. die Lehrverpflichtungen der einzelnen Dozierenden gesenkt, dann könnten einzelne Lehrende bessere Lehrveranstaltungen geben, weil sie mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung hätten. Würden aber nicht gleichzeitig auch die Hochschulen besser finanziert und mehr Personal eingestellt, dann würde dadurch die Anzahl zur Verfügung stehender Studienplätze sinken. Ziel darf es jedoch nicht sein, dass die Qualität auf Kosten von Studieninteressierten erhöht wird, die dann keinen Studienplatz mehr erhalten. Die Lösung kann also nur darin bestehen, dass die Hochschulen besser finanziert werden, um mehr Lehrpersonal beschäftigen zu können. Dadurch könnten sie zuerst alle Studienbewerber*innen aufnehmen und dann auch die Betreuungsrelationen tatsächlich verbessern.

Von Zeile 316 bis 318:

  1. Eine entfristete Erhöhung der LehrdeputateEntfristete Mittel für die Anstellung von (Lehr-)Personal bereitzustellen und weiterer Faktorenweitere Maßnahmen zu ergreifen, um Dauerstellen für Daueraufgaben, zu schaffen sowie die Verpflichtung zur Verbesserung der Betreuungsrelationen einzuführen,

Nach Zeile 322 einfügen:

[1] BVerfGE 33, 303. Abrufbar unter: https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv033303.html

Begründung

Der Änderungsantrag ist entstanden, da Tübingen (danke Jacob und Hanna) aufgefallen ist, dass ich (Iris) wohl einen vollkommenen Gedankenfurz beim Schreiben des Antrags hatte. Daher haben wir, Jan und Iris, das Thema nochmal neu aufgerollt und einen sinnvolleren Abschnitt zum Thema formuliert.

Erörterung zur Errechnung der KapVO:

Die Hochschulen dürften formal qualifizierte Bewerber*innen also nur abweisen, wenn die Lehrkapazitäten komplett ausgeschöpft sind. Berechnet werden die Kapazitäten „auf der Grundlage des Lehrangebots, des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien“ (Staatsvertrag[1] Art. 6 Abs. 3). Das Lehrangebot ergibt sich vor allem aus dem kumulierten Lehrdeputat des wissenschaftlichen Personals (einschließlich z. B. aller Lehraufträge und Deputatsreduktionen). Der Ausbildungsaufwand (Curricularnormwert, kurz: CNW) gibt den Lehr- und Betreuungsaufwand an, der einer*m Studenten*in in einem bestimmten Fach zusteht, und variiert damit von Fach zu Fach. Sowohl das Lehrdeputat des wissenschaftlichen Personals getrennt nach Personalgruppen (z. B. Professor*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, Doktorand*innen etc.) als auch der Ausbildungsaufwand pro Student*in werden von jedem Bundesland rechtlich geregelt (in den Lehrverpflichtungsverordnungen bzw. den KapVO) und sind sonst somit politische / demokratisch festgelegte Werte. Zu den „weiteren“ Kriterien zählen unter anderem räumliche und sächliche Gegebenheiten, die Ausstattung mit wissenschaftsunterstützendem Personal, der Anteil der Studienabbrüche und in der Medizin auch eine ausreichende Zahl von für die Lehre geeigneten Patient*innen. Aus allen Parametern zusammen wird für jeden einzelnen Studiengang die Anzahl an Studienplätzen errechnet, die pro Jahr maximal für neue Anfänger*innen zur Verfügung stehen.

Das führt dazu, dass die Länder einerseits mehr Studienplätze einrichten können, indem sie ihren Hochschulen mehr Geld geben, damit diese mehr Personal einstellen können, welches Lehrveranstaltungen gibt. Oder sie können neue Studienplätze sozusagen „errechnen“, indem sie die Einflussgrößen der Kapazitätsberechnung ändern – z.B. indem sie die Lehrverpflichtungen verschiedener Personalkategorien erhöhen und den Wert für den Ausbildungsaufwand pro Student*in in einem Fach absenken.

[1] Abrufbar unter: https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/18333-StV-Hochschulzulassung

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