Wir teilen die Intention des ursprünglichen Antrags, auch wir wünschen uns, dass nicht-binäre Personen im Verband sichtbarer werden. Leider finden wir die hier vorgeschlägene Änderung dafür nicht am geeignetsten: Zum einen führt die Konzeption der Redelisten im vorliegenden Antrag aus unserer Sicht leider dazu, dass sich die Redeanteile von cis Männern in einer Debatte erhöhen. Es wird eine Liste für alle von patriarchalen Gesellschaftsverhältnissen marginalisierte Personen (FINTA[1]) geschaffen, auf der anderen Redeliste stehen damit mehrheitlich cis Männer. Da die gemäß aktuell gültiger Geschäftsornung noch so genannte Frauenredeliste bzw. die vom Antrag geplante FINTA-Redeliste die Macht hat, über Ende oder Fortführen einer Debatte zu bestimmen, gibt es für FINTA-Personen keinen Grund, sich auf die Offene Redeliste zu schreiben (§ 8 Abs. 3 und Abs. 6). Zudem hat es sich als Praxis etabliert, dass offene Plätz (leider) mehrheitlich als "Männerplätze" gesehen und auch so genutzt werden. Damit ist in der Regel jeder zweite Redebeitrag von einem Mann und man hat faktisch (sicherlich nicht von den ursprünglichen Antragsteller_innen intendiert!) eine cis-Mann-Quote.
Deshalb sprechen wir uns für die Einführung eines Systems von 3 Redelisten aus, um effektiv die Beteiligung und den Redeanteil von INTA-Personen zu erhöhen, da so die Möglichkeit besteht, dass jeder dritte Redebeitrag von einer INTA-Person stammt und - was uns eines der wichtigsten Anliegen ist - Frauen und INTA-Personen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Davon profitieren am Ende lediglich cis Männer und die patriarchalen Strukturen, die man gemeinsam bekämpfen wollte, werden weiter reproduziert.
Um den Vorteil unseres Vorschlages deutlicher zu machen, hier ein Beispiel: Angenommen in einer Debatte setzen sich 5 Personen (aus oben genannten Gründen kann man davon ausgehen, dass es sich um Männer handelt) auf die Offene Redeliste, 6 Personen auf die FINTA-Redeliste, von denen 4 Frauen und 2 INTA-Personen sind. Im Zweifelsfall darf die erste INTA-Person erst an neunter Stelle sprechen, wenn sich die vier Frauen davor gemeldet haben. Durch unseren Änderungsvorschlag kann die INTA-Person direkt an zweiter Stelle[2] sprechen. Durch eine "eigene" Redeliste wird in der Praxis nicht nur die Sichtbarkeit erhöht, INTA-Personen dürfen sowohl öfter als auch häufiger sprechen, da man sich nach dem geleisteten Redebeitrag selbtverständlich wieder auf die Redeliste setzen kann - stehen generell weniger Leute auf einer Redeliste, kommt man auch öfter wieder an die Reihe.
Unser Antrag geht damit deutlich weiter, als der ursprünglich eingereichte. Wir kennen die Gründe nicht, weshalb sich der AK Binarität auflösen für diesen Weg entschieden hat. Wir hoffen aber, dass wir auf der MV eine breite und offene Debatte über verschiedene Möglichkeiten führen können.
Wir wollen uns nicht damit zufriedengeben, dass sich FINTA-Personen als extrem diverse, vielfältige Gruppe lediglich die Hälfte der Redezeit teilen müssen. Wenn schon Sichtbarkeit, dann richtig - wenn schon feministische Forderungen, dann richtig. Cis Männer haben in dieser Gesellschaft schon genug Privilegien, da werden sie sicherlich gut damit leben können, zumindest im fzs seltener zu Wort zu kommen.
[1] Mit diesem Akronym gemeint sind Frauen, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen, die Formulierung wurde aus dem ursprünglichen Antrag übernommen. Die gleiche Personengruppe (minus Frauen, das sollte allerdings selbsterklärend sein) ist gemeint, wenn im folgenden von INTA-Personen gesprochen wird.
[2] Dass die INTA-Liste als "zweite" Redeliste benannt wird, hängt nicht damit zusammen, dass man INTA-Personen als "zweitrangig" betrachtet, für Alternativvorschläge - bspw. die Redeliste (also Frauen oder INTA) zuerst dranzunehmen, von der sich eine Person als erstes meldet - sind wir jederzeit offen und dankbar. Wir hatten versucht eine solche Regelung zu erarbeiten, waren damit allerdings noch nicht zufrieden und hoffen auf weiteren Input. Die Frauenredeliste als "erste" Redeliste wurde lediglich deshalb gewählt, weil es so bereits in der Geschäftsordnung steht.
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