I-01NEU2: Sexarbeit ist Arbeit
Veranstaltung: | Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Inhaltliche Anträge |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.08.2019, 13:39 |
Ersetzt: | I-01: Sexarbeit ist Arbeit |
Veranstaltung: | Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Inhaltliche Anträge |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.08.2019, 13:39 |
Ersetzt: | I-01: Sexarbeit ist Arbeit |
Die Mitgliederversammlung möge beschließen,
Der fzs unterstützt solidarisch die körperliche Selbstbestimmung und die
(Arbeits-)Rechte von Sexarbeiter*innen. Die Arbeiter*innen dürfen weder
kriminalisiert, noch stigmatisiert werden! So muss der gesamte Zwangskontext
Arbeit und Sexualität im kapitalitischen Patriarchat radikal kritisiert werden.
Die Betroffenheit von Studierenden, People of Color und queeren Menschen in
Bezug auf Sexarbeit wird dabei besonders als gefährdet hervorgehoben, da ihre
gesellschaftliche und ökonomische Situation sie dem Risiko aussetzt, von
Kriminialisierung und Stigmatisierung getroffen zu werden. So hat die Studie
"Nebenjob Prostitution", die das Studienkolleg zu Berlin im Jahr 2011
durchgeführt hat,[Fußnote: S. https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sex-
fuers-studium-vom-hoersaal-auf-den-strich.4d929d9d-32f5-45e7-95c1-
e9a58e9df248.html, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/nebenjob-
prostitution-erst-in-die-uni-dann-ins-bordell/4266270.html, https://rp-
online.de/panorama/wissen/bildung/jeder-dritte-kann-sich-prostitution-als-job-
vorstellen_aid-9104827 (abgerufen je am 18.7.)] ergeben, dass in Berlin 3,7 %
der Student*innen der Sexarbeit nachgehen und sich ihren Lebensunterhalt durch
Strippen, Escortservice, Telefonsex oder in Bordellen verdienen. Ein
maßgeblicher Grund dafür ist, dass die Student*innen Geld benötigen. Um
Student*innen den finanziellen Druck zu nehmen, ist es erforderlich, das BAföG
weiter deutlich zu erhöhen und damit den tatsächlichen Bedarf zu decken.
Stigmatisierung getroffen zu werden. So hat die Studie "Nebenjob Prostitution",
die das Studienkolleg zu Berlin im Jahr 2011 durchgeführt hat, ergeben, dass in
Berlin 3,7 % der Student*innen der Sexarbeit nachgehen und sich ihren
Lebensunterhalt durch Strippen, Escortservice, Telefonsex oder in Bordellen
verdienen. Ein maßgeblicher Grund dafür ist, dass die Student*innen Geld
benötigen.
Unsere Solidarität gilt denjenigen, die von gesellschaftlicher Diskriminierung,
Ausbeutung und der Einschränkung ihrer Selbsbestimmung betroffen sind. Wir
unterstützen die Rechte derjenigen, die innerhalb bestehender Verhältnisse
Sexarbeit machen und weisen darauf hin, dass Sexarbeit unter diesen
Verhältnissen einer doppelten Prekarisierung unterliegt: der Abspaltung von
Sexualität innerhalb bürgerlich-moralischer Gesellschaften wie auch der
allgemeinen Verschlimmerung der Bedingungen von Arbeiter*innen allgemein
(Zeitarbeit, Flexibilisierung, Einschränkung von Arbeits-und Streikrechten
usw.).
Auch im Sinne des kürzlichen Jubiläums des Stonewall-Aufstands wollen wir
Sexarbeit als Arbeitsfeld von queeren, transidenten und PoC sichtbar machen und
dazu beitragen, dass die prekären Arbeitsbedingungen durch Solidarität, Raum für
Selbstbestimmung und rechtliche Mittel verbessert werden. Als studentischer
Dachverband sieht sich der fzs zudem in der Position, die gesellschaftlich
Teilhabe von betroffenen Studierenden zu unterstützen und gegen Stigmatisierung
zu arbeiten. In diesem Zusammenhang wird der Verband den lokalen
Studierendenschaften Informationsmaterial zu diesem Thema bereit stellen.
Sexarbeit ist ein auch im Feminismus kontrovers diskutiertes Thema. Während sich
darüber, ob Sexarbeit existieren sollte bestens streiten lässt, hat die deutsche
Bundesregierung, allen voran die CDU, vor zwei Jahren ein Gesetz mit dem Titel
"Prostituiertenschutzgesetz" (kurz ProSCHG) erlassen, das die realen Existenz-
Arbeitsbedingungen von Menschen, die als Sexarbeiter*innen tätig sind, noch
verschlechtert.
Vor zwei Jahren, im Juli 2017, trat das „ProtituiertenSchutzGesetz“ in Kraft.
Die Verbände und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit Sexarbeit
beschäftigen, kritisierten das sogenannte Schutzgesetz schon in seinen Anfängen.
Der Grund dafür: Das Gesetz sieht eine engmaschige Kontrolle der
Arbeitsgrundlagen- und bedingungen und damit auch der Körper von
Sexarbeiter*innen vor und die Selbstbestimmung von Sexarbeiter*innen wird weiter
eingeschränkt.
Befürchtet wurde nicht nur eine verstärkte Stigmatisierung von
Sexarbeiter*innen, sondern auch deren Verdrängung in die Illegalität, Verarmung,
und, im krassen Gegensatz zum Titel des Gesetzes, die Aufhebung bzw
Sanktionierung von selbstgewählten Schutzmechanismen der Arbeiter*innen.
Kürzlich wurde eine Studie zur Evaluation des Gesetzes in NRW veröffentlicht, in
der sich jetzt schon die Wirksamkeit des Gesetzes in diese Richtung zeigt. Sie
kommt zu dem Schluss, das für die Arbeiter*innen nun „eine größere Gefahr
[bestehe], in Armut oder Illegalität zu rutschen“.
Anstatt also zum Schutz von Sexarbeiter*innen beizutragen, hat die
Bundesregierung ein Gesetz erlassen, das Sexarbeiter*innen noch stärker
marginalisiert und kriminialisiert.
Hier finden sich einige Beispiele, wie sich im ProSCHG diese Haltung ausdrückt:
§ 3 Sexarbeiterinnen müssen sich bei einer Behörde registrieren lassen.
→ Der Datenschutz ist nicht gewährleistet und birgt die Gefahr des
Zwangsoutings, die Sexarbeiter*innen in Gefahr bringen kann, weil Sexarbeit
immer noch ein Tabu in der Gesellschaft ist.
§ 10 Sexarbeiterinnen müssen sich zusätzlich regelmäßigen
„Gesundheitsberatungen“ unterwerfen.
→ Das Recht auf freiwillige und anonyme Beratungen laut dem
Infektionsschutzgesetz wird unterlaufen
§ 18 Sexarbeiterinnen dürfen nicht mehr in der jeweiligen Arbeitsstätte
übernachten.
→ Eine zusätzliche Unterkunft muss angemietet werden, was mit einer extremen
Kostenerhöhung verbunden ist.
§ 12 + 18 Alle bordellartigen Betriebe, auch kleine Wohnungen, in denen nur zwei
Sexarbeiterinnen arbeiten, müssen die gleichen baulichen und organisatorischen
Auflagen erfüllen.
→ Großbordelle können diese umsetzen, dadurch werden Sexarbeiter*innen in
größere Strukturen gezwungen und community-Zusammenhalt in kleineren Gruppen
verunmöglicht.
§ 29 Die Polizei kann jederzeit ohne Anlass Prostitutionsstätten kontrollieren.
→ Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird für Prostitutionsstätten
aufgehoben, auch für Privatwohnungen, in denen angeschafft wird.
§ 33 Die Anzahl und Höhe der Bußgelder bei Zuwiderhandeln gegen die zahlreichen
Vorschriften hat sich erhöht.
→ Sexarbeiterinnen, die nicht registriert werden wollen, werden gezwungen
versteckt zu arbeiten, gehen schlechtere Arbeitsbedingungen ein und müssen bei
Verhängen von Bußgeldern mehr arbeiten.