Veranstaltung: | 1. außerodenltliche Sitzung des 63. Ausschuss der Student*innenschaften |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Inhaltliche Anträge der letzten Mitgliederversammlung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Ausschuss der Student*innenschaften |
Beschlossen am: | 06.06.2020 |
Basierend auf: | I-A8: DIGITALISIERUNG AN HOCHSCHULEN - keine analogen Hochschulen in einer digitalen Welt |
DIGITALISIERUNG AN HOCHSCHULEN - keine analogen Hochschulen in einer digitalen Welt
Beschlusstext
0. Allgemeiner Teil
Der digitale Wandel schreitet immer schneller voran und verändert massiv unser
Leben in allen Bereichen. Die Geschwindigkeit der Digitalisierung bereitet auf
verschiedenen Ebenen große Probleme, da die Politik kaum hinterherkommt, um dem
gerecht zu werden. So ist auch der Hochschulbereich davon nicht ausgenommen.
Digitalisierung bietet viele Chancen, ist dabei aber kein Selbstzweck. Gerade
die Ausfälle der kompletten IT-Systeme in den Universitäten Gießen und
Maastricht haben gezeigt, vor welchen enormen Herausforderungen die Hochschulen
stehen. Um sowohl Sicherheitsstandards als auch den gesellschaftlichen
Ansprüchen gerecht zu werden, sind folgende Punkte unabdingbar: ausreichende
Finanzierung, strukturelle Veränderung, Weiterbildung des Personals und sowohl
die Entwicklung als auch die tatsächliche Umsetzung von durchdachten Konzepten.
Der freie zusammenschluss der student*innschaften fordert daher die
Hochschulleitungen und bildungspolitische Akteur*innen dazu auf, dieses
Strategiepapier zu berücksichtigen, sodass Hochschulen der Digitalisierung
nicht mehr nur reaktiv begegnen, sondern aktiv gemeinsam mit allen Akteuren
gestalten. Dabei ist eine ganzheitliche Sichtweise von enormer Bedeutung,
weshalb das Strategiepapier nicht nur den Bereich "Lehre und Studium" abdeckt,
sondern auch "Verwaltung" und "Service". Digitalisierung muss aus der
Perspektive von allen Statusgruppen funktionieren. Die einzelnen Kategorien
werden systematisch in Infrastruktur, Kompetenzen und Tools unterteilt. Dies
soll insbesondere verdeutlichen, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist und
die Hochschulen als Ganzes in den Blick nehmen muss. Hinzu kommen die
Querschnittsthemen Privatsphäre, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit. Die
Ansprüche an die Einhaltung der Privatsphäre und der Datensicherheit dürfen
nicht aufgrund von IT Lösungen verringert werden. Für eine gerechte
Gesellschaft muss auch in der Digitalisierung für Chancengleichheit gesorgt
werden. Es darf niemand ausgeschlossen und es dürfen keine neuen Barrieren
aufgebaut werden. Eine besondere Betonung liegt auch bei der Nachhaltigkeit.
Einerseits aus der Perspektive der Umwelt und andererseits aus der Perspektive
von übergreifend kompatiblen IT Lösungen.
1. Lehre und Studium
Hochschulen dienen als Orte des Lernens und Begegnens. Die Bereiche Studium und
Lehre spielen daher eine zentrale Rolle. Die Digitalisierung der Hochschulen
muss dieser gerecht werden und digitales Lehren und Lernen unterstützen. Dabei
ist es wichtig, dass Digitalisierung ganzheitlich betrachtet wird und alle
Menschen mitgenommen werden. Das Ziel muss sein, dass alle Mitglieder der
Hochschulen nicht nur auf eine digitale Gesellschaft vorbereitet werden, sondern
diese auch partizipativ mitgestalten.
Die Politik hat erkannt, dass die Hochschulen bei der Digitalisierung
zusätzlich unterstützt werden müssen. Doch die Mittel, die mit dem
sogenannten Zukunftsvertrag "Studium und Lehre stärken" und dem Innovationspakt
"Innovation in der Hochschule" zur Verfügung gestellt werden, werden hierfür
nicht ausreichen. Zudem entsteht eine Förderungslücke, bei welcher besonders
Stellen aus dem Bereich der Hochschuldidaktik gefährdet sein werden.
Wir fordern, dass die Förderungslücke nach dem Qualitätspakt Lehre (kurz:
QPL) und vor dem neuen Innovationspakt "Innovation in der Hochschule" nicht zu
Lasten der Studierenden fällt. Hohe Lehr- und Studiumsqualität muss auch
sichergestellt werden, wenn die finanzielle Förderung durch die neue
Organisationseinheit (Alfred Toepfer Stiftung F.V.S) noch nicht ausgezahlt
wurde, der QPL jedoch bereits ausgelaufen ist. Die neue Organisationseinheit
soll sicherstellen, dass Studierende an der Gestaltung von Studium und Lehre
gemäß unseren Forderungen beteiligt sind. Insbesondere bei digitaler Lehre
wollen wir als Studierende aktiv eingebunden werden. Digitale Lehre verstehen
wir nicht als Selbstzweck, sondern sie sollte adressat*innengerecht stattfinden.
Digitalisierung in Studium und Lehre muss dabei auch eine strategische Dimension
haben, um strukturelle Wirkung zu entfalten. Dazu soll Digitalisierung in
Studium und Lehre in den jeweiligen Lehr-(Lern-)Strategien der Hochschulen
verankert werden. Die Strategieentwicklung muss in einen transparenten, offenen
und partizipativen Prozess unter Einbindung aller relevanten Akteur*innen
geschehen. Mit der erarbeiteten Strategie können Anträge an die Alfred Toepfer
Stiftung F.V.S gestellt werden. Somit wird sichergestellt, dass auch die
Forderungen der Studierenden bei Förderanträgen berücksichtigt werden.
1.1. Infrastruktur
Um Lehre sinnvoll gestalten zu können und Studierenden einen reibungslosen
Studienalltag zu ermöglichen, werden Lehrräume mit ausreichender Ausstattung
benötigt. Es muss für eine gute Lern- und Lehrumgebung gesorgt werden, in der
es möglich ist didaktische Konzepte zweckmäßig umzusetzen. Die Infrastruktur
der Lehrräume muss frei bewegliches Mobiliar, ausreichend Platz zum Einsatz
unterschiedlicher Lehrmethoden und genügend Zugänge für möglichst hohe
Kompatibilität (VGA, HDMI etc. und Adapter) beinhalten. Beamer und
Anschlusskabel sowie eine moderne mediale Ausstattung (z. B. Interactive
Whiteboard, Dokumentenkamera) der Lehrräume müssen vorhanden sein, ebenso wie
Möglichkeiten, bspw. Virtual Reality umzusetzen. Grundvoraussetzung hierfür
ist jedoch die ausreichende Ausstattung mit Steckdosen für alle Studierende und
Lehrende. Dies gilt sowohl für Hörsäle und Seminarräume als auch für
studentische Arbeitsräume und Büros.
Um eine gleichberechtigte Teilhabe am Studium zu ermöglichen, muss es
umfangreich ausgestattete und barrierefreie, für alle Hochschulangehörigen
ausnahmslos zugängliche Computerpoolräume mit entgegenkommenden
Öffnungszeiten geben, mit Computern mit aktueller Hard- und Software. Die
Erarbeitung eines eigenen Softwareangebots ist erstrebenswert, aber Hochschulen
können nicht in die Rolle von Softwareentwicklungsunternehmen gezwungen werden.
Daher sind geeignete Open Source Softwares zu berücksichtigen. Um die
Tauglichkeit sämtlicher IT-Angebote zu gewährleisten, sind deren Nutzer*innen
zu involvieren.
Das Lernmanagementsystem (LMS) ebenso wie das Campusmanagementsystem (CMS)
müssen gut strukturiert und übersichtlich gestaltet sein. Es ist essenziell,
dass alle nötigen Voraussetzungen auf technischer Seite erfüllt sind.
Insbesondere zu Hochauslastungszeiten, wie Prüfungsanmeldungen, müssen die
Server standhalten, um einen reibungslosen Studienbetrieb zu ermöglichen. Die
Systeme müssen den flexiblen Anforderungen an die Gestaltung von Studiengängen
und Prüfungsordnungen gerecht werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass sinnvolle
und nötige Änderungen an Studiengängen nicht vorgenommen werden, weil
angeblich das genutzte Campusmanagementsystem diese nicht abbilden könne.
Sowohl bei LMS als auch CMS ist die Transparenz der Prozesse unerlässlich.
Daher müssen alle Stakeholder, insbesondere aber die Studierenden und die
Lehrenden an der Entwicklung und Spezifikation der Anforderungen an die Systeme
beteiligt werden. Wir fordern konsequenten Schutz sensibler Daten der
Studierenden und Lehrenden sowie die Verschlüsselung aller Daten. Auch erachten
wir eine Zugriffskontrolle im Sinne der Datensparsamkeit für wichtig, um nur
die Daten einsehen zu können, die absolut notwendig sind.
Darüber hinaus ist es wichtig, für nachhaltige Lösungen zu sorgen, die
kompatibel mit dem Gesamtkomplex der IT-Infrastruktur der Hochschulen sind.
Gerade im Bereich der Lehre können viele verschiedene Systeme eingesetzt werden.
Dies ist deutlich zu begrüßen. Dabei ist es aber wichtig, dass alle Systeme eine
Schnittstelle zueinander bieten. Damit ist es möglich, sowohl eigene Innovative
Lösungen zu nutzen als auch Lösungen anderer zu nutzen. Gleichzeitig muss aber
der Datenschutz aller geachtet werden.
Außerdem muss ausreichend Personal für die Betreuung der Infrastruktur
vorhanden sein. Bei steigenden Anforderungen müssen die Stellen entsprechend
mitwachsen.
1.2. Kompetenzen
Die Zielkompetenzen von Studierenden schlagen sich vor allem in der kritischen
Reflexion der Digitalisierung nieder. Informationelle Selbstbestimmung sollte
dazu beitragen, dass Studierende sich eigenständig in einer digitalisierten
Welt bewegen können. Dies umfasst auch das Recht auf informative
Selbstbestimmung. Insbesondere diese Mündigkeit wird in der Charta Digitale
Bildung ausgedrückt. Demzufolge sollte die Vermittlung des für eine
Digitalkompetenz relevanten Wissens in allen Studiengängen übergreifend zu
finden sein, sich auch in deren Gestaltung widerspiegeln und bei der
Curriculumsplanung berücksichtigt werden. Andersherum ist Platz für Ethik in
den z. B: MINT-Fächern sicher zu stellen, um MINT-Studierende mit digitalen
Handlungskompetenzen auszustatten und deren Anwendung kritisch zu reflektieren.
Ferner sollen Studierende durch das Vorleben einer inklusiven digitalen Didaktik
zum Nachleben (z. B. im späteren Berufsleben) motiviert werden.
Der fzs unterschreibt die Charta Digitale Bildung ( https://charta-digitale-
bildung.de/ ) mit dem Kommentar "Digitale Kompetenzen bedeuten einen
selbstbestimmten Umgang mit digitalen Medien, Anwendungen und neuen
Technologien. Sie befähigen zu einer verantwortungsvollen und bewussten
Nutzung, sowohl in Bezug auf das eigene als auch das gesellschaftliche
Wohlergehen. Alle Bildungseinrichtungen sollten der Vermittlung dieser
Fähigkeiten Priorität einräumen, die für eine freie und gerechte
Gesellschaft unerlässlich sind."
Dementsprechend als Voraussetzungen für gute Lehre erachten wir
hochschuldidaktische Kenntnisse auf der Seite der Lehrenden als zwingend
notwendig. Gerade für Lehrende mit geringer Lehrerfahrung sollte die Teilnahme
an einem hochschuldidaktischen Qualifizierungsprogramm verbindlich sein. Doch
alle in der Lehre tätigen Personen müssen ebenso vertraut mit digitaler
Didaktik sein. Fall dem nicht so ist, müssen sie entsprechende Weiterbildungen
besuchen. Dabei muss insbesondere die kritische Reflexion gegenüber der
Digitalisierung den Lehrenden eine Selbstverständlichkeit und ein deutliches
Anliegen sein. Nur so können sie den Studierenden auch einen kritischen Umgang
mit Digitalisierung vermitteln. Durch Lehrfreisemester können Räume für die
Aneignung und Weiterentwicklung innovativer und digitaler Lehre geschaffen
werden. Vordergründig sollte ebenso die Reflexion über den sinnvollen Einsatz
digitaler in Ergänzung zu analoger Lehre sein.
In Zeiten zunehmender Studierendenzahlen und wachsender Heterogenität dienen
diese Maßnahmen auch dazu, Barrieren abzubauen und Chancengerechtigkeit zu
ermöglichen, z. B. indem Kursgeschehnisse mit möglichst kurzer Verzögerung
nachvollziehbar für alle Teilnehmer*innen zur Verfügung stehen. Dafür müssen die
Hochschullehrkräfte für die vielfältigen Dimensionen von Diversität
sensibilisiert werden und ggf. durch weiteres Universitätspersonal unterstützt
werden.
Digitale Lehre fällt nicht auf magische Art und Weise vom Himmel. Sie muss
entwickelt werden. Dafür sind Ansprechpersonen für die Lehrenden nötig. Diese
dienen den Lehrenden als Anlaufstelle um Anforderungen, die mit digitaler Lehre
einhergehen, zu bewältigen. Solche Stellen müssen entfristet und als
Vollzeitstellen ausgelegt sein. Diese Ansprechpersonen sollten auch von
Studierenden als Anlaufpunkt genutzt werden für innovative Ideen in der Lehre
und können daher Impulse für den digitalen Wandel setzen. Ebenso müssen genügend
Ressourcen von der Hochschule zur Verfügung gestellt werden, um eine
fortlaufende Weiterbildung der Ansprechpersonen zu gewährleisten.
Am Ende der Lehre muss auch entsprechende Prüfung möglich sein, also mitunter
E-Klausuren, wofür die Hochschulen entsprechende Ordnungen ggf. angleichen
müssen. Im Rahmen der Prüfungen müssen ebenso die vermittelten
Digitalisierungskompetenzen geprüft werden. Dazu müssen geeignete
Prüfungsformen genutzt werden. Bei der Neu- und Weiterentwicklung von
Studiengängen müssen diese Aspekte betrachtet werden. Kompetenzorientiertes
und studierendenzentriertes Prüfen sind auch an eine digitalisierten Hochschule
möglich!
E-Prüfungen als online auf dem privaten/geliehenen Rechner stattfindende
Prüfungsformate können im Kontext des kompetenzorientierten Prüfens sinnvoll
sein. Doch sie sollten mit Bedacht eingesetzt werden, um nicht dem reinen Zweck
der Digitalisierung um ihrer Selbstwillen zu dienen.
Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Im Kontext der CoViD-19-
Pandemie werden Forderungen nach mehr E-Prüfungen laut. Durch die Dringlichkeit
der Situation erfolgt die Änderung der Prüfungsordnung jedoch vielerorts im
Schnellverfahren. Aus diesem Grund fordern wir, dass die Änderungen der
Prüfungsordnungen rechtmäßig verlaufen. Die Beteiligung aller Statusgruppen,
die an dem Prozess der Änderung von Prüfungsordungen mitwirken, darf nicht
übergangen werden.
Genau wie analoge Prüfungen müssen E-Prüfungen didaktisch fundiert sein und
sicherstellen, dass die in der Lehrveranstaltung vermittelten Inhalte geprüft
werden. Ebenso soll kritisch über den Zweck der digitalen Prüfungen
reflektiert werden. So muss sichergestellt werden, dass nicht nur automatisch
auswertbares Wissen geprüft wird, sondern die Prüfungen studierendenzentriert
abläuf und somit zu einem didaktischen Mehrwert der Prüfung führt.
Datenschutzrechtliche Grundlagen müssen berücksichtigt werden, wenn
beispielsweise der eigene Rechner durch Fernsteuerungs-Anwendung überprüft
wird, ob den Prüfungsanforderungen Folge geleistet wird.
In der Gestaltung der E-Prüfungen muss zudem die Barrierefreiheit für alle
Studierenden sichergestellt werden. Benutzbare Oberflächen und Möglichkeiten
zum Vorlesen der Oberfläche sind dabei nur zwei Aspekte, die beachtet werden
müssen.
Auch sollte sichergestellt werden, dass der Zugang zu E-Prüfungen für alle
Prüflinge gewährleistet ist. Insbesondere Studierende, die auch die technische
Struktur von Unibibliotheken/Rechenzentren angewiesen sind, müssen bei der
Konzeption von E-Prüfungen berücksichtigt werden und entsprechende
Ausleiheangebote sichergestellt werden. Die Hochschulen müssen, auch in einer
Situation wie im Kontext der CoViD-19-Pandemie, eine faire Prüfungssituation
für alle Studierenden sicherstellen. Die dafür nötige Infrastruktur muss
bereit gestellt werden. Studierende, die aufgrund technischer Probleme nicht
vollständig an der Prüfung teilnehmen können, darf kein Nachteil entstehen.
1.3. Tools und Software
Für eine interaktive Lehre im Sinne von Sozialkompetenz empfehlen sich Tools,
die Interaktion fördern (auch über den Kurs hinaus mit z. B. MOOC) und
Frontalphasen in die Vor- bzw. Nachbereitungsphase eines Kurses schieben
(Inverted/Flipped Classroom). Bei all dem sind Datenschutz und Privatsphäre
einzuhalten. Weiter ist im Rahmen von MOOC und MCs darauf zu achten, dass ein
Kompetenzzuwachs innerhalb des Studienprogramms selbstverständlich transparent
und nachvollziehbar darzustellen. Außerhalb des Studienprogrammcurriculums muss
er durch kostenlose Zertifikate dokumentiert werden können. Eine Auslagerung an
die Privatwirtschaft mit ad absurdum zersplitterten Micro Credentials
verurteilen wir/sehen wir sehr kritisch und rufen dazu auf, solchen Vorhaben den
öffentlichen Bildungsinstitutionen zu überlassen. Bildung muss allen offen
stehen und frei von jeglichen Kosten sein.
Insgesamt sollen für die Umsetzung erfolgreicher Lehre notwendigen Tools und
Software bevorzugt ressourcenunabhängiges Open Source Material verwendet werden,
um möglichst ständige Zugänglichkeit für alle an den Hochschulen tätigen
Personen zu gewährleisten und somit Chancengleichheit zu stärken, aber auch um
Optionserweiterung vornehmen zu können. So sind die Hochschulen unabhängig von
großen Konzernen und können Software nutzen, die tatsächlich zu ihren eigenen
Bedürfnissen passt. Darüber hinaus fordern wir, dass alle Software, die durch
Hochschulen entwickelt wird, als Open Source zur Verfügung gestellt wird.
Öffentlich zugängliche Daten können nachhaltig genutzt werden, wohingegen
private Daten nachdrücklich geschützt werden müssen.
Der fzs schließt sich damit der "Public Money, Public Code"-Kampagne an
(https://publiccode.eu/de/).
2. Verwaltung
Täglich interagieren Studierende und Lehrende mit der Verwaltung. Eine
Hochschule ohne Verwaltung ist in der heutigen Zeit ist nicht zweckmäßig. Umso
wichtiger ist es, dass auch für die Verwaltung die Grundlagen für digitales
Arbeiten geschaffen werden. Eine digitalisierte Hochschule mit einere analogen
Verwaltung ist nicht denkbar, aber aktuell noch die Realität an sehr vielen
deutschen Hochschulen. Dieser Zustand ist für den fzs nicht akzeptabel.
2.1. Infrastruktur
Um der Verwaltung digitales Arbeiten zu ermöglichen, benötigt es Mobiliar, das
den fortwährenden Umgang mit digitaler Hardware ermöglicht und gleichzeitig
erleichtert. Dies kann zum Beispiel durch höhenverstellbare Stühle und Tische
gewährleistet werden. Dies ist auch dahingehend notwendig, dass die
Mitarbeitenden der Verwaltung die meiste Arbeitszeit sitzend vor dem Rechner
verbringt. Die Hardware, mit der die Verwaltung tagtäglich arbeitet, muss
regelmäßig auf den neusten Stand gebracht werden. Es ist kein akzeptabler
Zustand, wenn Verwaltungsmitarbeitende einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mit
auf den Rechner verbringen, die nicht mehr up to date sind. Dies führt zu
massiven Verzögerungen im Ablauf und stellt zudem eine großes
Sicherheitsrisiko dar. Gerade in Anbetracht dessen, dass die Verwaltung das
Rückgrat der Hochschule bildet, muss sichergestellt werden, dass neben der
Hardware auch die Software auf dem aktuellsten Stand ist. Auch im Kontext von
sicherer Infrastruktur ist es essenziell, dass sowohl Hard- oder Software auf
dem aktuellen Stand sind. Regelmäßige Investitionen in die Hard- und Software
sind ein weiterer Schritt in diese Richtung.
Wir fordern, dass die Hochschulen mit genügend Mitteln ausgestattet werden, um
ihre gesamte technische Infrastruktur auf dem aktuellen Stand zu halten.
Weiterhin fordern wir, dass bei der Anschaffung und Bereitstellung von Strom,
Hard- und Software auf Nachhaltigkeit geachtet wird.
Um einen reibungslosen Ablauf für Studierende und Lehrende zu gewährleisten,
fordern wir ein einheitliches Raumverwaltungssystem, das institutsübergreifend
funktioniert. Somit wird sichergestellt, dass die Räume nach Bedarf gebucht und
genutzt werden können. Ebenso müssen die Räume mit der erforderlichen
Ausstattung für digitales Lehren und Lernen, wie beispielsweise Steckdosen,
versehen sein. Diese Ausstattung muss auch in dem Raumverwaltungssystem
ausgewiesen sein.
Die Digitalisierung muss immer als Ganzes gedacht, konzeptioniert und
durchgeführt werden. Das bedeutet, dass alle Teile der Hochschule digitalisiert
sein müssen. Eine digitale Lehre bringt niemandem etwas, wenn zugleich die
Rückmeldung zu kommenden Semestern, die Anmeldung zu Prüfungen oder die
Meldung von Scheinen in Papierform geschieht. Digitalisierung muss, wie auch
Verschlüsselung, Ende-zu-Ende geschehen. Das heißt alle Teile einer Hochschule
müssen digitalisiert sein und mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet
sein.
2.2. Kompetenzen
Die Verwaltungsmitarbeitenden sind bisweilen die Konstanten an Hochschulen. Das
bedeutet, dass sie jede Entwicklung miterlebt und vorangetrieben haben. Mit der
Digitalisierung steht die Hochschule vor einem weiteren großen Wandel. Dieser
Wandel kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Stakeholder die
nötigen Kompetenzen haben. Daher fordern wir auch für die Verwaltung
individuelle, zielgruppenorientierte Weiterbildung. So werden alle nötigen
Kompetenzen vermittelt, für den Umgang mit den digitalen Tools, wie
beispielsweise dem Campusmanagementsystem. Es ist dabei auch wichtig, dass diese
Weiterbildungsmaßnahmen regelmäßig stattfinden. Wir erachten es als wesentlich
für diese Schulungen, dass sie für eine Inklusion aller Mitarbeitenden sorgt.
Die Chancengleichheit ist auch in der Verwaltung zu gewährleisten.
Daran anschließend muss insbesondere das Wissen über und den reflektieren Umgang
mit Datenschutz im Vordergrund stehen. Die Verwaltung kommt mit hochsensiblen
Daten aller Mitglieder und Angehörigen der Hochschule in Berührung. Es ist
essenziell, dass die Verwaltung alle rechtlichen Vorgaben und ihre Auslegungen
im Zusammenhang mit Datenschutz und Privatsphäre kennt. Es muss sichergestellt
werden, dass die Verwaltung diese Vorgaben nicht nur kennt, sondern auch
vollständig anwendet.
Die technischen Systeme, die Tools und auch die gesetzlichen Grundlagen ändern
sich im Kontext des digitalen Wandels rasant. Daher ist wichtig, dass
Mitarbeitende in Verwaltungen auch bereit sind, diesen Wandel mitzutragen.
Unterstützend dazu können digitale Tools genutzt werden, um ein nachhaltiges
Wissensmanagement sowie die Weitergabe von Praxiserfahrungen zu ermöglichen. So
kann die Verwaltung den digitalen Wandel an den Hochschulen proaktiv
mitgestalten.
2.3. Tools und Software
Derzeit ist bei vielen Menschen der Gedanke vorhanden, dass gerade im Bereich
der Verwaltung die Digitalisierung alle Prozesse effizienter macht. Dem ist
mitnichten so. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck!
Die Tools und die Software, die in der Verwaltung eingesetzt werden, müssen
daher sorgsam ausgewählt werden. Die Mitarbeitenden der Verwaltung sind daher
unbedingt an der Spezifizierung der Anforderungen zu beteiligen. Dies ist ein
weiterer Weg, um die Akzeptanz zu steigern. Nur so kann sichergestellt werden,
dass die Software alle nötigen Anforderungen enthält und auch für den Einsatz
in der Realität geeignet ist. Wie in allen anderen Bereichen gilt auch hier,
dass die Tools und die Software Open-Source-Produkte (quelloffen) sein müssen.
Sie muss nutzer*innenfreundlich, verfügbar, benutzbar, transparent,
barrierefrei und verständlich sein.
3. Service
Das Service-System jeder Hochschule stellt einen wichtigen Teil der
Digitalisierung dar. Gerade im Zusammenhang mit Rechenzentren ist es wichtig,
dass Hochschulen hier genügend Geld investieren und nachhaltig handeln. Um den
Herausforderungen des digitalen Wandels zu begegnen, benötigen Hochschulen ein
umfangreiches Service-System, das auf die Bedürfnisse aller
Hochschulangehörigen eingeht.
3.1. Infrastruktur
Die Digitalisierung der Hochschulen steht und fällt mit der Ausstattung der
Hochschulrechenzentren. Diese müssen sowohl bei der Hard- als auch bei der
Software genügend ausgestattet sein. Dabei muss immer die Nachhaltigkeit
mitbetrachtet werden. Es kann sinnvoller sein, weniger Leistungsstarke Server
anzuschaffen, wenn von dem eingesparten Geld Unterstützungspersonal eingestellt
wird, welches bei der Verteilung von Aufgaben an die Server und der Optimierung
dieser unterstützt. Hier muss eine entsprechende Abwägung stattfinden. Eine
Anschaffung leistungsstarker Server aus reinen Prestigegründen ist abzulehnen.
Derzeit produzieren die Server vieler Hochschulen sehr viel Wärme und
benötigen gleichzeitig sehr viel Strom. Im Kontext des Klimawandels fordert der
fzs daher, dass der Strom nachhaltig bezogen wird. Zudem ist zu prüfen, wie die
Abwärme der Server genutzt werden kann, beispielsweise, um die Gebäude der
Hochschule zu heizen.
Es ist insgesamt sehr wichtig, dass Hochschulrechenzentren in Anbetracht des
steigenden Bedarfs personell ausreichend und nachhaltig ausgestattet sind. Dabei
bieten Ansprechpersonen, die sowohl offline als auch online erreichbar sind,
Hilfestellung und Anlaufstelle für alle Mitglieder und Angehörige der
Hochschule. Der Zugang muss durch ein funktionierendes Ticketsystem
sichergestellt werden.
Zusätzlich tragen sinnvolle Dokumentationen, die frei online zur Verfügung
stehen, zur Problemlösung bei. Diese müssen insbesondere hinsichtlich ihrer
Verständlichkeit an die Diversität der Hochschule angepasst werden,
beispielsweise durch den Einsatz leichter Sprache, die Option, Dokumentationen
vorlesen zu lassen, sowie das Angebot mehrsprachiger Dokumente. Nur so kann
Chancengleichheit gewahrt werden.
Ebenso wird für den digitalen Wandel an Hochschulen schnelles, reibungsloses
und auf dem gesamten Campus verfügbares WLAN benötigt. Selbiges gilt für
virtuelle, private Netzwerke (VPN), die es ermöglichen auf die Dienste der
Hochschule von zu Hause aus zuzugreifen. Damit wird es Menschen, die aus
unterschiedlichsten Gründen nicht physisch an der Hochschule sein können,
ermöglicht alle Dienste und Services zu nutzen. Auch können Innovation Labs,
wie zum Beispiel 3D-Drucker, Studierenden und Lehrenden die Möglichkeit geben,
innovative Konzepte auszuprobieren und Kompetenzen im Umgang mit solchen
Geräten zu erwerben und vertiefen.
Um für alle Studierenden ein chancengerechtes Studium zu gewährleisten,
fordern wir Laptops zur Ausleihe. So kann der Exklusion im Studium aufgrund
nicht vorhandener Hardware entgegengewirkt werden. Diese muss niedrigschwellig
entliehen werden können.
3.2. Kompetenzen
Die beste Ausstattung in den Hochschulrechenzentren bringt rein gar nichts, wenn
nicht die notwendigen Kompetenzen vorhanden sind, mit dieser umzugehen. Neben
den notwendigen Kompetenzen zum Umgang ist es auch wichtig, dass es
Mitarbeitende mit Kommunikationskompetenzen gibt. Diese beantworten dann nicht
nur die Fragen und Probleme der Studierenden, sondern beraten und unterstützen
auch Lehrende und Mitarbeiter der Hochschule adäquat. Hierfür sollte es auch
didaktische Weiterbildungen für die Mitarbeitenden im Hochschulrechenzentrum
geben, damit auch diese den digitalen Wandel unterstützten können. Insgesamt
muss den Mitarbeitenden ein breit gefächertes Beratungsangebot offen stehen in
Bereichen wie Datenschutz, Datensicherheit, IT-Sichherheit oder
Verschlüsselung. Unabhängig von Beratungsangeboten sollte es Mitarbeitenden
auch offen stehen, sich selbst weiterzubilden. Hierfür müssen Freiräume
geschaffen werden.
Wir fordern, dass genügend ausgebildetes Personal an Hochschulen für
Qualifikationsmaßnahmen hinsichtlich digitaler Anforderungen sowie zu digitaler
Hochschuldidaktik zur Verfügung steht. Auch die interne Weiterentwicklung von
digitalen Tools muss professionell erfolgen. Um die Sinnhaftigkeit solcher
Maßnahmen zu überprüfen, ist eine hohe Evaluationskompetenz notwendig.
Kenntnisse über die Datenschutzgrundverordnung sind von hoher Relevanz.
3.3. Tools und Software
Ein weiterer elementarer Bestandteil des IT-Systems an Hochschulen ist ein
Campusmanagementsystem (CMS). Dieses muss alle relevanten Funktionen wie
Prüfungsanmeldungen und -abmeldungen haben und Schnittstellen zu weiteren
Anwendungen wie Moodle besitzen. Weiter muss es ein inklusives Instrument für
alle Hochschulangehörigen sein. Durch die Möglichkeit der Umstellung auf
leichte Sprache und einer User-Oberfläche soll Diversität an Hochschulen
begegnet werden. Die Benutzbarkeit dieser Systeme, aber auch der Homepage der
Hochschulen muss sichergestellt werden. Auch muss das Campusmanagementsystem
mehrsprachig zugänglich sein. Neben dem Funktionsumfang und der User-
Oberfläche ist die Verschlüsselung der Kommunikation ein elementarer
Bestandteil des CMS. Die beschriebenen Funktionen beinhalten hochsensible Daten.
Diesem muss mit einer entsprechenden Verschlüsselung begegnet werden, die
regelmäßig auf Aktualität überprüft wird.
4. Abschluss
Die Digitalisierung der Hochschulen schreitet voran. Mit diesem Positionspapier
bringt der fzs viele Forderungen aus studentischer Sicht in den Prozess ein. Wir
als Studierende sind Teil des Prozesses. Doch dieser kann nur gelingen, wenn
alle Statusgruppen gleichberechtigt beteiligt werden. Er muss mit genug
finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet sein. Gleichzeitig dürfen
die Rechte aller Statusgruppen darunter nicht leiden. Datenschutz und
Chancengleichheit müssen hergestellt und gewahrt werden. Zudem haben die
Hochschulen die Verantwortung die Digitalisierung nachhaltig zu gestalten – in
allen Aspekten.
Begründung
Digitalisierung geht uns alle an. Gerade als Studierende müssen wir diesen Prozess proaktiv mitgestalten.
In diesem Positionspapier werden Forderungen an die Hochschulen und bildungspolitische Akteur*innen gestellt. Zudem schließt der fzs sich zwei Kampangen an.
Alles weitere erfolgt mündlich.