Veranstaltung: | 1. Sitzung des 63. AS |
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Tagesordnungspunkt: | 7.1. Inhaltliche Anträge, die von der MV überwiesen wurden |
Antragsteller*in: | Campsgrün, der Dachverband grüner und grün-alternativer Hochschulgruppen |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 13.04.2020, 13:19 |
I-A9: Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!
Antragstext
Antrag zur 63. ordentlichen Mitgliederversammlung des freien zusammenschluss von
student*innenschaften (fzs) vom 28.02. - 01. März 2020
Forderung: Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt
ergreifen!
Die Mitgliederversammlung des fzs fordert die sofortige Einrichtung eines
dynamischen Hochschulnachhaltigkeitpaktes in Milliardenhöhe über die jeweiligen
Ministerien für Hochschule und Soziales. Die hintergründige Position arbeitet
die fzs im eigenen Arbeitskreis Nachhaltigkeit stetig weiter aus. Die
finanzielle Höhe soll sich an dem Bedarf, die notwendigen
Nachhaltigkeitsanstrengungen der Studierenden-, Studentenwerke und Hochschulen
auszufinanzieren, bemessen und folgende beispielhafte Maßnahmen bewerkstelligen
können:
- Investitionzuschüsse für die energetische Modernisierung von Altbauten,
wobei in der Gesamtenergieeffizienz der EnEV-Anforderungswert nach den
jeweils neusten Empfehlungen des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V.
zu überschreiten ist.
- Bei Neubauten ist ein EnEV-Anforderungswert im grünen Bereich der Skala
anzustreben und dies ist sozialverträglich durch eine gerechtere
Entlohnung aller Beteiligten, wie bspw. den Bauarbeiter*innen umzusetzen.
- An jeder Hochschule sind Mensen oder Cafeterien einzurichten, die
ausschließlich ein vegan, saisonal, regionales Bio-Angebot, zu studentisch
abnehmbaren Preisen anbieten.
- Die Entwicklung einer digitalen Kommunikationsinfrastruktur auf Open
Source Basis, die einen CO2-suffizienten,Flüge reduzierenden freien
Wissenschaftsaustausch und -transfer für jede Hochschule gewährleistet.
- Die umfassende Ökobilanzierung nach dem hochschulspezifischen Deutschen
Nachhaltigkeitskodex und dessen Veröffentlichung.
Die Mitgliederversammlung bekräftigt die Beschlüsse „fzs for future“, „Bildung
für eine Nachhaltige Entwicklung verankern und lernen“ und „Bekenntnis zur
ökologischen und sozialen Verantwortung der Hochschulen“ im Rahmen der
Umgestaltung der Lehre, Forschung und Verwaltung und fordert darüber hinaus:
- Die Entscheidungsgremien der Hochschulen und Studierendenwerke sollen bei
der Umsetzung ihrer Aufgaben wirtschaftliche, soziale und ökologische
Gesichtspunkte diskutieren und berücksichtigen.
- Die Verwaltung und Geschäftsführung wird angehalten die entstehenden
Treibhausgasemissionen & Umweltkosten in ihrer Arbeit verstärkt
mitzudenken, zu berücksichtigen und zu reduzieren.
- Die Installation von paritätisch besetzten Nachhaltigkeits-
Senatskommissionen an Hochschulen, sofern noch nicht geschehen, sowie die
Errichtung eines Fachausschuss Nachhaltigkeit im Deutschen Studentenwerk
(DSW), die in Größe, Finanzierung und Handlungsspielraum der
Querschnittsaufgabe und den aktuellen Problematiken gerecht werden.
- Die Einführung von GreenOffices an allen Hochschulen nach dem Maastrichter
Konzept und die einhergehende Entfristung von hauptamtlichen und
studentischen Projektmitarbeiter*innen.
Begründung
Die Mitgliederversammlung des fzs sieht unter Verweis auf das Umweltbundesamt (2019), dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung gemessen an den Treibhausgasemissionseinsparungen gegenüber 1990 um 8% für das Jahr 2020 verfehlt wurden. Weiterhin ist bisher nicht absehbar, dass die Geschwindigkeit in den notwendigen Transformationsprozessen im kommenden Jahrzehnt ausreichend sein wird (IPCC, 2018; Sachverständigenrat für Umwelt, 2018). Angesichts des aktuellen Kenntnisstandes der Wissenschaft sprechen sich der fzs und seine Mitglieder für einen ökologisch gerechten Hochschulraum und gegen das Fortschreiten der historisch beispiellosen anthropogenen Klima‐, Biodiversitäts‐ und Nachhaltigkeitskrise aus. Dabei werden die Hochschulen als wichtige gesellschaftliche Akteure für eine Abkehr vom aktuellen Pfad und die Studierendenwerke als die nachhaltige Bedürfnissbefriedigung der Studierenden sichernde Akteure innerhalb des erweiterten Hochschulraums identifiziert.
Bei bundesweit durchschnittlichen pro Kopf CO2,äq.‐ Emissionen von 11 t pro Jahr wirken die Hochschulen und Studierendenwerkeals Teilverursacher des nicht zukunftsverträglichen ökologischen Fußabdrucks im studentischen Alltag. Um die Klimaschutzziele einzuhalten und kostenschwere irreversible Kipp‐Punkte zu vermeiden müsste die Reduktionsrate der Treibhausgasemissionen fünf Mal höher als aktuell liegen (Prof. Dr. Stefan Rahmstorf, u.a. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung, 2019).
Die Hochschulen tragen durch eine Ausrichtung am Leitbild der Bildung für nachhaltige Entwicklung, grüner Forschung, offener Wissenschaftskommunikation und ökologisch gerechter Verwaltung, wie Governance zu einer Beschleunigung der Minderungsrate bei. Hierzu sei auf die im Antragstext genannten Beschlüsse aus den Jahren 2019, 2017 und 2014 verwiesen und diese hier erneut bestätigt.
Das Tempo muss ebenso in den erweiterten Hochschulraum hineinreichen: Die Verantwortung der Studierendenwerke als Versorgungsdienstleister für die Studierenden geht über eine quantitativ ausreichende, weiterhin ausbaufähige Bereitstellung an studentischem Wohnraum und qualitativer Ernährung in den Mensen, wie auch Cafeterien hinaus. Beispielhaft für konsequentes verantwortungsbewusstes Handeln seien an dieser Stelle die Erstellung von Umweltbilanzen als Transformationstachometer, aber auch die breitflächige Umstellung auf den autarken klimaneutralen Strombezug, die emissionsfreie Wärmedämmung und regionale Bereitstellung in den Liegenschaften, ein gemeinwohl‐orientiertes Lieferant*innennetzwerk und eine ökologisch‐gerecht produzierte und betriebene Lieferflotte genannt.
Die bereits bestehenden Bemühungen der Studierenden‐ und Studentenwerke, beispielsweise in der Installation von Hybridfuhrparks und der Einführung von Leitlinien für den Umweltschutz in Managementprozessen (StW SH, StW Berlin und Weitere), zeigen den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit für die Studierenden‐ und Studentenwerke punktuell. Jedoch können die Studierenden‐ und Studentenwerke die notwendigen Leistungen für einen nachhaltigeren Hochschulraum nicht aus den laufenden Finanzierungsquellen heraus stemmen. Die Mittel können aufgrund des sozialen Auftrags der Studierenden‐ und Studentenwerke nicht durch die Studierenden aufgebracht werden. Daher wird die Bundesregierung erneut und, unter Bezugnahme auf den Beschluss zum Bereich Hochschulgastronomie der 54. Mitgliederversammlung, erweitert aufgefordert einen Hochschulnachhaltigkeitspakt mit einem sofortigen Initialbudget in bedarfsgerechter Höhe zu beschließen um dem gesteckten Ziel der Klimaneutralität förderliche Maßnahmen neben dem laufenden Tagesgeschäft und Neuanschaffungen ergreifen zu können. Dies betrifft insbesondere überfällige energetischen Sanierungen von Wohnheimen aus den Hochbauphasen in den 70er und 90er Jahren, aber auch sonstige veraltete, ineffiziente Infrastruktur.
Der geforderte erhöhte Finanzierungsspielraum für die Verschärfung der Nachhaltigkeitsanstrengungen sollte aus dem Eigeninteresse der datenbasierten Weiterentwicklung dokumentiert werden. Das Mitdenken der externalisierten Kosten, sowie die Fachausschuss übergreifende Zusammenarbeit in einer zu schaffenden Projektgruppe im DSW vermeidet die Fehler einer gesellschaftlich etablierten Kultur der Nachsichtigkeit. Die ökologisch soziale Bilanzierung erleichtert den nachhaltigen, effizienten Ressourceneinsatz von Beginn an. Wenn die Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität und sozialen Gerechtigkeit innerhalb des erweiterten Hochschulraums öffentlich einsehbar sind, ist angesichts des Aufwinds umweltbezogener Themen unter Studierenden eine weitere Politisierung der Studierenden wahrscheinlich. Schließlich stellt die Veröffentlichung ein Signal für die Anbindung der Studierenden‐ und Studentenwerke an den evidenzbasierten Wissenschaftsraum dar.
Der Hochschulnachhaltigkeitspakt soll in einer Höhe verstetigt werden, die den Klimarelevanten und sozialförderlichen finanziellen Bedürfnissen der Studierenden‐ und Studentenwerke bei der Instandhaltung und in neuen Anschaffungen entspricht.
Der Antrag soll im Interesse der Studierenden und zukünftigen Generationen ein Aufschlag hin zu einem nachhaltigen Beitrag der Studierenden‐, Studentenwerke und Hochschulen für eine lebenswerten Zukunft sein. Die benötigten Kraftanstrengungen können die Hochschulen, das DSW und seine Mitglieder nicht allein, sondern nur gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und in enger Zusammenarbeit mit an Hochschulen vertretenen Statusgruppen (s. Entscheidungsprozesse, fzs for future, Beschluss der 61. MV) leisten - Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!
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