Veranstaltung: | 1. außerodenltliche Sitzung des 63. Ausschuss der Student*innenschaften |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Inhaltliche Anträge der letzten Mitgliederversammlung |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Ausschuss der Student*innenschaften |
Beschlossen am: | 05.06.2020 |
Basierend auf: | I-A9: Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen! |
Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!
Beschlusstext
Die Mitgliederversammlung des freien zusammenschluss von student*innenschaften
e.V. (fzs) fordert die sofortige milliardenschwere, systematische, finanzielle
Förderung von nachhaltigkeitsbezogenen Projekten für Hochschulen,
Student*innenwerken und Student*innenschaften beispielsweise in Form eines
Hochschulnachhaltigkeitspaktes des Bundes und oder der Länder, dessen
Ausstattungshöhe dynamisiert sein soll. Die notwendigen Anstrengungen sollen
stetig über Anträge zu den nächsten Mitgliederversammlungen des fzs durch den
Arbeitskreis Nachhaltigkeit und Ökologie des fzs evaluiert und erweitert werden.
Unter solche Anstrengungen fallen aktuell folgende beispielhafte Maßnahmen:
• die energetische Modernisierung von Hochschulgebäuden, Einrichtungen und
Wohnheimen der Student*innenwerke und Einrichtungen der Student*innenschaften
nach den höchsten EnEV-Anforderungswerten;
• die alleinige Umsetzung von Neubauvorhaben, die klimaneutral betrieben werden
können.
• die Einrichtung, Anschubfinanzierung und ggf. Subventionierung von Mensen,
Cafeterien oder Imbissen, die ein, teils ausschließlich, abwechslungsreiches,
tägliches Angebot an veganen, saisonalen und regionalen Speisen und Getränken
aus biologischer Landwirtschaft zu Preisen anbieten, die sich mit einem
studentischen Budget vereinbaren lassen;
• die Förderung digitaler Kommunikation und Veranstaltungsformate auf der Basis
freier Software mit dem Ziel der Reduktion des CO2,eq.-Abdrucks insbesondere im
Bereich des wissenschaftlichen und hochschulpolitischen Konferenzbetriebes und
der Hochschulpartnerinnenschaften und
• Maßnahmen zur umfassenden Ökobilanzierung des Hochschulwesens nach Maßgabe des
hochschulspezifischen Deutschen Nachhaltigkeitskodex' und zur Veröffentlichung
der Ergebnisse.
Desweiteren fordert der fzs von Hochschulen und Student*innenwerken:
• die verstärkte Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben;
• die proaktive Reduktion von Treibhausgasemissionen und Umweltkosten auf Null
bis 2030;
• die Einrichtung von paritätisch besetzten, bei den akademischen Senaten
angesiedelten Nachhaltigkeitskommissionen bzw. -ausschüssen an Hochschulen;
• die Einrichtung eines Fachausschusses Nachhaltigkeit im Deutschen
Studentenwerk (DSW) und
• die Einführung von GreenOffices an allen Hochschulen nach dem Maastrichter
Konzept mit studentischen Mitarbeiter*innen.
Weiterhin erinnert der fzs daran, dass Nachhaltigkeit keine rein ökologische
Frage ist, sondern beispielsweise auch soziale Fragen betrifft. Daher ist es für
den fzs selbstverständlich, dass alle Beschäftigungsverhältnisse, die im Rahmen
der oben genannten Punkte eingegangen werden, tarifgebunden und nur in
Ausnahmefällen zu befristen sind.
Begründung
Die Mitgliederversammlung des fzs sieht unter Verweis auf das Umweltbundesamt (2019), dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung gemessen an den Treibhausgasemissionseinsparungen gegenüber 1990 um 8% für das Jahr 2020 verfehlt wurden. Weiterhin ist bisher nicht absehbar, dass die Geschwindigkeit in den notwendigen Transformationsprozessen im kommenden Jahrzehnt ausreichend sein wird (IPCC, 2018; Sachverständigenrat für Umwelt, 2018). Angesichts des aktuellen Kenntnisstandes der Wissenschaft sprechen sich der fzs und seine Mitglieder für einen ökologisch gerechten Hochschulraum und gegen das Fortschreiten der historisch beispiellosen anthropogenen Klima‐, Biodiversitäts‐ und Nachhaltigkeitskrise aus. Dabei werden die Hochschulen als wichtige gesellschaftliche Akteure für eine Abkehr vom aktuellen Pfad und die Studierendenwerke als die nachhaltige Bedürfnissbefriedigung der Studierenden sichernde Akteure innerhalb des erweiterten Hochschulraums identifiziert.
Bei bundesweit durchschnittlichen pro Kopf CO2,äq.‐ Emissionen von 11 t pro Jahr wirken die Hochschulen und Studierendenwerkeals Teilverursacher des nicht zukunftsverträglichen ökologischen Fußabdrucks im studentischen Alltag. Um die Klimaschutzziele einzuhalten und kostenschwere irreversible Kipp‐Punkte zu vermeiden müsste die Reduktionsrate der Treibhausgasemissionen fünf Mal höher als aktuell liegen (Prof. Dr. Stefan Rahmstorf, u.a. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung, 2019).
Die Hochschulen tragen durch eine Ausrichtung am Leitbild der Bildung für nachhaltige Entwicklung, grüner Forschung, offener Wissenschaftskommunikation und ökologisch gerechter Verwaltung, wie Governance zu einer Beschleunigung der Minderungsrate bei. Hierzu sei auf die im Antragstext genannten Beschlüsse aus den Jahren 2019, 2017 und 2014 verwiesen und diese hier erneut bestätigt.
Das Tempo muss ebenso in den erweiterten Hochschulraum hineinreichen: Die Verantwortung der Studierendenwerke als Versorgungsdienstleister für die Studierenden geht über eine quantitativ ausreichende, weiterhin ausbaufähige Bereitstellung an studentischem Wohnraum und qualitativer Ernährung in den Mensen, wie auch Cafeterien hinaus. Beispielhaft für konsequentes verantwortungsbewusstes Handeln seien an dieser Stelle die Erstellung von Umweltbilanzen als Transformationstachometer, aber auch die breitflächige Umstellung auf den autarken klimaneutralen Strombezug, die emissionsfreie Wärmedämmung und regionale Bereitstellung in den Liegenschaften, ein gemeinwohl‐orientiertes Lieferant*innennetzwerk und eine ökologisch‐gerecht produzierte und betriebene Lieferflotte genannt.
Die bereits bestehenden Bemühungen der Studierenden‐ und Studentenwerke, beispielsweise in der Installation von Hybridfuhrparks und der Einführung von Leitlinien für den Umweltschutz in Managementprozessen (StW SH, StW Berlin und Weitere), zeigen den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit für die Studierenden‐ und Studentenwerke punktuell. Jedoch können die Studierenden‐ und Studentenwerke die notwendigen Leistungen für einen nachhaltigeren Hochschulraum nicht aus den laufenden Finanzierungsquellen heraus stemmen. Die Mittel können aufgrund des sozialen Auftrags der Studierenden‐ und Studentenwerke nicht durch die Studierenden aufgebracht werden. Daher wird die Bundesregierung erneut und, unter Bezugnahme auf den Beschluss zum Bereich Hochschulgastronomie der 54. Mitgliederversammlung, erweitert aufgefordert einen Hochschulnachhaltigkeitspakt mit einem sofortigen Initialbudget in bedarfsgerechter Höhe zu beschließen um dem gesteckten Ziel der Klimaneutralität förderliche Maßnahmen neben dem laufenden Tagesgeschäft und Neuanschaffungen ergreifen zu können. Dies betrifft insbesondere überfällige energetischen Sanierungen von Wohnheimen aus den Hochbauphasen in den 70er und 90er Jahren, aber auch sonstige veraltete, ineffiziente Infrastruktur.
Der geforderte erhöhte Finanzierungsspielraum für die Verschärfung der Nachhaltigkeitsanstrengungen sollte aus dem Eigeninteresse der datenbasierten Weiterentwicklung dokumentiert werden. Das Mitdenken der externalisierten Kosten, sowie die Fachausschuss übergreifende Zusammenarbeit in einer zu schaffenden Projektgruppe im DSW vermeidet die Fehler einer gesellschaftlich etablierten Kultur der Nachsichtigkeit. Die ökologisch soziale Bilanzierung erleichtert den nachhaltigen, effizienten Ressourceneinsatz von Beginn an. Wenn die Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität und sozialen Gerechtigkeit innerhalb des erweiterten Hochschulraums öffentlich einsehbar sind, ist angesichts des Aufwinds umweltbezogener Themen unter Studierenden eine weitere Politisierung der Studierenden wahrscheinlich. Schließlich stellt die Veröffentlichung ein Signal für die Anbindung der Studierenden‐ und Studentenwerke an den evidenzbasierten Wissenschaftsraum dar.
Der Hochschulnachhaltigkeitspakt soll in einer Höhe verstetigt werden, die den Klimarelevanten und sozialförderlichen finanziellen Bedürfnissen der Studierenden‐ und Studentenwerke bei der Instandhaltung und in neuen Anschaffungen entspricht.
Der Antrag soll im Interesse der Studierenden und zukünftigen Generationen ein Aufschlag hin zu einem nachhaltigen Beitrag der Studierenden‐, Studentenwerke und Hochschulen für eine lebenswerten Zukunft sein. Die benötigten Kraftanstrengungen können die Hochschulen, das DSW und seine Mitglieder nicht allein, sondern nur gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und in enger Zusammenarbeit mit an Hochschulen vertretenen Statusgruppen (s. Entscheidungsprozesse, fzs for future, Beschluss der 61. MV) leisten - Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!