Veranstaltung: | 63. Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Inhaltliche Anträge |
Eingereicht durch: | Campsgrün, der Dachverband grüner und grün-alternativer Hochschulgruppen |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.01.2020, 15:43 |
I-A9: Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!
Antragstext
Antrag zur 63. ordentlichen Mitgliederversammlung des freien zusammenschluss von
student*innenschaften (fzs) vom 28.02. - 01. März 2020
Forderung: Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt
ergreifen!
Die Mitgliederversammlung des fzs fordert die sofortige Einrichtung eines
dynamischen Hochschulnachhaltigkeitpaktes in Milliardenhöhe über die jeweiligen
Ministerien für Hochschule und Soziales. Die hintergründige Position arbeitet
die fzs im eigenen Arbeitskreis Nachhaltigkeit stetig weiter aus. Die
finanzielle Höhe soll sich an dem Bedarf, die notwendigen
Nachhaltigkeitsanstrengungen der Studierenden-, Studentenwerke und Hochschulen
auszufinanzieren, bemessen und folgende beispielhafte Maßnahmen bewerkstelligen
können:
- Investitionzuschüsse für die energetische Modernisierung von Altbauten,
wobei in der Gesamtenergieeffizienz der EnEV-Anforderungswert nach den
jeweils neusten Empfehlungen des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V.
zu überschreiten ist.
- Bei Neubauten ist ein EnEV-Anforderungswert im grünen Bereich der Skala
anzustreben und dies ist sozialverträglich durch eine gerechtere
Entlohnung aller Beteiligten, wie bspw. den Bauarbeiter*innen umzusetzen.
- An jeder Hochschule sind Mensen oder Cafeterien einzurichten, die
ausschließlich ein vegan, saisonal, regionales Bio-Angebot, zu studentisch
abnehmbaren Preisen anbieten.
- Die Entwicklung einer digitalen Kommunikationsinfrastruktur auf Open
Source Basis, die einen CO2-suffizienten,Flüge reduzierenden freien
Wissenschaftsaustausch und -transfer für jede Hochschule gewährleistet.
- Die umfassende Ökobilanzierung nach dem hochschulspezifischen Deutschen
Nachhaltigkeitskodex und dessen Veröffentlichung.
Die Mitgliederversammlung bekräftigt die Beschlüsse „fzs for future“, „Bildung
für eine Nachhaltige Entwicklung verankern und lernen“ und „Bekenntnis zur
ökologischen und sozialen Verantwortung der Hochschulen“ im Rahmen der
Umgestaltung der Lehre, Forschung und Verwaltung und fordert darüber hinaus:
- Die Entscheidungsgremien der Hochschulen und Studierendenwerke sollen bei
der Umsetzung ihrer Aufgaben wirtschaftliche, soziale und ökologische
Gesichtspunkte diskutieren und berücksichtigen.
- Die Verwaltung und Geschäftsführung wird angehalten die entstehenden
Treibhausgasemissionen & Umweltkosten in ihrer Arbeit verstärkt
mitzudenken, zu berücksichtigen und zu reduzieren.
- Die Installation von paritätisch besetzten Nachhaltigkeits-
Senatskommissionen an Hochschulen, sofern noch nicht geschehen, sowie die
Errichtung eines Fachausschuss Nachhaltigkeit im Deutschen Studentenwerk
(DSW), die in Größe, Finanzierung und Handlungsspielraum der
Querschnittsaufgabe und den aktuellen Problematiken gerecht werden.
- Die Einführung von GreenOffices an allen Hochschulen nach dem Maastrichter
Konzept und die einhergehende Entfristung von hauptamtlichen und
studentischen Projektmitarbeiter*innen.
Begründung
Die Mitgliederversammlung des fzs sieht unter Verweis auf das Umweltbundesamt
(2019), dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung gemessen an den
Treibhausgasemissionseinsparungen gegenüber 1990 um 8% für das Jahr 2020
verfehlt wurden. Weiterhin ist bisher nicht absehbar, dass die Geschwindigkeit
in den notwendigen Transformationsprozessen im kommenden Jahrzehnt ausreichend
sein wird (IPCC, 2018; Sachverständigenrat für Umwelt, 2018). Angesichts des
aktuellen Kenntnisstandes der Wissenschaft sprechen sich der fzs und seine
Mitglieder für einen ökologisch gerechten Hochschulraum und gegen das
Fortschreiten der historisch beispiellosen anthropogenen Klima‐,
Biodiversitäts‐ und Nachhaltigkeitskrise aus. Dabei werden die Hochschulen
als wichtige gesellschaftliche Akteure für eine Abkehr vom aktuellen Pfad und
die Studierendenwerke als die nachhaltige Bedürfnissbefriedigung der
Studierenden sichernde Akteure innerhalb des erweiterten Hochschulraums
identifiziert.
Bei bundesweit durchschnittlichen pro Kopf CO2,äq.‐ Emissionen von 11 t pro
Jahr wirken die Hochschulen und Studierendenwerkeals Teilverursacher des nicht
zukunftsverträglichen ökologischen Fußabdrucks im studentischen Alltag. Um
die Klimaschutzziele einzuhalten und kostenschwere irreversible Kipp‐Punkte zu
vermeiden müsste die Reduktionsrate der Treibhausgasemissionen fünf Mal höher
als aktuell liegen (Prof. Dr. Stefan Rahmstorf, u.a. Mitglied des
Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung,
2019).
Die Hochschulen tragen durch eine Ausrichtung am Leitbild der Bildung für
nachhaltige Entwicklung, grüner Forschung, offener Wissenschaftskommunikation
und ökologisch gerechter Verwaltung, wie Governance zu einer Beschleunigung der
Minderungsrate bei. Hierzu sei auf die im Antragstext genannten Beschlüsse aus
den Jahren 2019, 2017 und 2014 verwiesen und diese hier erneut bestätigt.
Das Tempo muss ebenso in den erweiterten Hochschulraum hineinreichen: Die
Verantwortung der Studierendenwerke als Versorgungsdienstleister für die
Studierenden geht über eine quantitativ ausreichende, weiterhin ausbaufähige
Bereitstellung an studentischem Wohnraum und qualitativer Ernährung in den
Mensen, wie auch Cafeterien hinaus. Beispielhaft für konsequentes
verantwortungsbewusstes Handeln seien an dieser Stelle die Erstellung von
Umweltbilanzen als Transformationstachometer, aber auch die breitflächige
Umstellung auf den autarken klimaneutralen Strombezug, die emissionsfreie
Wärmedämmung und regionale Bereitstellung in den Liegenschaften, ein
gemeinwohl‐orientiertes Lieferant*innennetzwerk und eine ökologisch‐gerecht
produzierte und betriebene Lieferflotte genannt.
Die bereits bestehenden Bemühungen der Studierenden‐ und Studentenwerke,
beispielsweise in der Installation von Hybridfuhrparks und der Einführung von
Leitlinien für den Umweltschutz in Managementprozessen (StW SH, StW Berlin und
Weitere), zeigen den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit für die
Studierenden‐ und Studentenwerke punktuell. Jedoch können die Studierenden‐
und Studentenwerke die notwendigen Leistungen für einen nachhaltigeren
Hochschulraum nicht aus den laufenden Finanzierungsquellen heraus stemmen. Die
Mittel können aufgrund des sozialen Auftrags der Studierenden‐ und
Studentenwerke nicht durch die Studierenden aufgebracht werden. Daher wird die
Bundesregierung erneut und, unter Bezugnahme auf den Beschluss zum Bereich
Hochschulgastronomie der 54. Mitgliederversammlung, erweitert aufgefordert einen
Hochschulnachhaltigkeitspakt mit einem sofortigen Initialbudget in
bedarfsgerechter Höhe zu beschließen um dem gesteckten Ziel der
Klimaneutralität förderliche Maßnahmen neben dem laufenden Tagesgeschäft und
Neuanschaffungen ergreifen zu können. Dies betrifft insbesondere überfällige
energetischen Sanierungen von Wohnheimen aus den Hochbauphasen in den 70er und
90er Jahren, aber auch sonstige veraltete, ineffiziente Infrastruktur.
Der geforderte erhöhte Finanzierungsspielraum für die Verschärfung der
Nachhaltigkeitsanstrengungen sollte aus dem Eigeninteresse der datenbasierten
Weiterentwicklung dokumentiert werden. Das Mitdenken der externalisierten
Kosten, sowie die Fachausschuss übergreifende Zusammenarbeit in einer zu
schaffenden Projektgruppe im DSW vermeidet die Fehler einer gesellschaftlich
etablierten Kultur der Nachsichtigkeit. Die ökologisch soziale Bilanzierung
erleichtert den nachhaltigen, effizienten Ressourceneinsatz von Beginn an. Wenn
die Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität und sozialen Gerechtigkeit
innerhalb des erweiterten Hochschulraums öffentlich einsehbar sind, ist
angesichts des Aufwinds umweltbezogener Themen unter Studierenden eine weitere
Politisierung der Studierenden wahrscheinlich. Schließlich stellt die
Veröffentlichung ein Signal für die Anbindung der Studierenden‐ und
Studentenwerke an den evidenzbasierten Wissenschaftsraum dar.
Der Hochschulnachhaltigkeitspakt soll in einer Höhe verstetigt werden, die den
Klimarelevanten und sozialförderlichen finanziellen Bedürfnissen der
Studierenden‐ und Studentenwerke bei der Instandhaltung und in neuen
Anschaffungen entspricht.
Der Antrag soll im Interesse der Studierenden und zukünftigen Generationen ein
Aufschlag hin zu einem nachhaltigen Beitrag der Studierenden‐, Studentenwerke
und Hochschulen für eine lebenswerten Zukunft sein. Die benötigten
Kraftanstrengungen können die Hochschulen, das DSW und seine Mitglieder nicht
allein, sondern nur gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und in enger
Zusammenarbeit mit an Hochschulen vertretenen Statusgruppen (s.
Entscheidungsprozesse, fzs for future, Beschluss der 61. MV) leisten -
Investitionen für einen sozial.ökologischen Hochschulraum jetzt ergreifen!