Veranstaltung: | 63. Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Inhaltliche Anträge |
Eingereicht durch: | Ausschuss Studienreform |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.01.2020, 15:05 |
I-A3: Positionspapier zur Weiterentwicklung des Akkreditierungswesens
Antragstext
Die Mitgliederversammlung möge das Positionspapier zur Weiterentwicklung des
Akkreditierungswesen beschließen.
Mit Entwurf und Verabschiedung des Studienakkreditierungsstaatsvertrag und der
Musterrechtsverordnung sowie die dazugehörigen in Landesrecht überführten
Verordnungen gab es die Möglichkeit das Akkreditierungswesen weiterzuentwickeln
und die vom fzs bereits mehrfach kritisierten Punkte aufzugreifen. Nicht nur
wurde dies nicht getan, die neuen Gesetze haben die Situation sogar noch
verschlimmert und es wurden nicht einmal die Änderungen der ESGs berücksichtigt.
Um dem entgegenzuwirken, die Mitbestimmung der Studierenden zu sichern und um
gemeinsam Qualität in Studium und Lehre für alle zu gewährleisten fordert der
fzs folgende Punkte:
1. Berichtstruktur
Mit dem neuen Recht wurde auch ein Raster für die Akkreditierungsberichte
implementiert. Mit dem neuen Raster ist eine starke Formalisierung der Berichte
zu beobachten. Die wichtigen Querschnittsthemen, wie Studierbarkeit, werden nur
noch an einer einzigen Stelle betrachtet. Studentische Gutachter*innen
beobachten zudem, dass die Berichte im Wording stark generisch werden. Es
werden, wie auch in der Selbstdokumenation der Hochschulen, gleiche Wort- und
Satzblöck genutzt. Dies verkommt zu einem starken Checkbox System, indem nur
noch abgehackt wird und nicht mehr die tatsächliche Situation und das
Zusammenspiel von verschiedenen Kriterien und deren Auswirkungen auf die reale
Welt begutachtet wird. Dies führt auch dazu, dass im neuen System kein Platz für
Weiterentwicklung ist. Es zielt lediglich darauf ab, ob absurd niedrige
Mindestanforderungen erfüllt werden.
Der fzs fordert, dass das Raster überarbeitet wird. Im Raster müssen die
Kriterien wieder übergreifend behandelt werden.
2. Studentische Beteiligung
(1) Unabhängig von der gesetzlichen Lage beginnen die Probleme der studentischen
Beteiligung bereits bei der Auswahl der Gutachter*innen. So werden Studierende
meistens als letzte Statusgruppe von einigen Agenturen gesucht und meist führt
dies auch dazu, dass über die Statusgruppe der Studierenden versucht wird
wenigstens eine weibliche Gutachterin zu finden. Dies dient dazu, wenigstens ein
wenig Diversität in die Gruppe der Gutachter*innen aufzunehmen. Jedoch ist es
nicht alleine die Aufgabe der Studierenden die Diversität der Hochschulen
abzubilden. Darüber hinaus bennen einige Agenturen die studentischen
Gutachter*innen sehr spät, was zu einer schlechten Vorbereitung auf das
Verfahren führt.
Der fzs fordert, dass endlich alle Agenturen die Studierenden gleichwertig
behandeln.
(2) Eine studentische Beteiligung ist zwar in der neuen MRVO enthalten, jedoch
wird diese nicht genauer definiert. Dies führt dazu, dass Hochschulen dies
bereits mit der Durchführung von Befragungen als erfüllt ansehen. Einige
systemakkreditierte Hochschulen führen zudem nicht einmal mehr Begehungen
durch, wodurch die Studierenden vor Ort nicht befragt werden können.
Der fzs fordert, dass Studierende flächendeckend im Qualitätsmanagement an
allen Prozessen zu beteiligen sind.
Der fzs fordert, dass eine Vor-Ort Begehung mit Befragung der Studierenden
verpflichtend durchzuführen ist.
3. Bündelverfahren
Mit der neuen Gesetzeslage hat man es auch verfehlt die äußerst kritische Lage
der Bündelverfahren zu beheben. So dürfen nach § 30 MRVO (1) S. 3 bis zu zehn
Studiengänge in einem Bündel zusammengefasst akkreditiert werden. Neben der
großen Anzahl an Studiengängen die eine genaue Begutachtung unmöglich machen,
wirkt auch die Zusammensetzung äußerst willkürlich. Die Zusammensetzung wird
dabei nach § 30 (2) MRVO vom Akkreditierungsrat genehmigt.
Der fzs fordert, dass Anzahl der Studiengänge in Bündelakkreditierung von
maximal 10 auf maximal 5 reduziert wird.
Der fzs fordert den Akkreditierungsrat dazu auf seiner Aufgabe nachzukommen und
die Zusammensetzung der Bündelverfahren kritischer zu überprüfen.
4. Akkreditierungspflicht
Die Bundesländer haben meist die Musterrechtsverordnung ohne große Änderungen in
Landesrecht überführt. Einige Bundesländer weichen jedoch von der Pflicht der
Akkreditierung ab. Auch wenn der fzs das aktuelle Akkreditierungssystem
kritisiert und die Mitbestimmung der Studierende definitiv auszubauen ist, ist
ein Mindestmaß an studentischer Beteiligung vorhanden. Diese ist wie bereits
gefordert auszubauen und eine verpflichtende Akkreditierung deutschlandweit
sichherzustellen.
Der fzs fordert, dass Akkreditierung von Studiengängen in allen
Hochschulgesetzen der Länder verpflichtend ist.
5. Mängelbeseitigungsschleife
Die MRVO ermöglicht eine sogenannte Mängelbeseitigungsschleife. Diese ist
aktuell nicht definiert und wird teilweise zum "White washing" der Unterlagen
genutzt. Durch die fehlende gesetzliche Ausgestaltung der
Mängelbeseitigungsschleife kann sich jede Agentur ein eigenes Verfahren geben.
Es ist auch nicht klar, wie häufig diese Schleife durchlaufen werden kann. Der
fzs sieht darin die Gefahr, dass offensichtliche Mängel in einem Studiengang
nur auf dem Papier beseitigt werden, in der Realität jedoch weiterhin bestehen.
Der fzs fordert daher, dass die Mängelbeseitigungsschleife einheitlich in der
MRVO und in den Länderverordnungen definiert wird. Dabei muss darauf geachtet
werden, dass die Mängelbeseitigungsschleife nicht zur Vertuschung bestehende
Probleme genutzt werden kann. Der Akkreditierungsrat hat dabei die Aufsicht
darüber zu führen.
Außerdem ist sicherzustellen, dass die Vorgänge im Rahmen der
Mängelbeseitigungsschleife transparent dokumentiert sind.
6. Akkreditierungszeiträume
Mit der MRVO und dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag wurden neue
Akkreditierungszeiträume eingeführt. Akkreditierungen werden nun einheitlich
für 8 Jahre ausgesprochen. Dies sieht der fzs insbesondere im Bezug auf
Konzeptakkreditierungen sehr kritisch.
Der fzs fordert, dass im Falle von Konzeptakkreditierungen sichergestellt sein
muss, dass der Studiengang nach dem Abschluss der ersten Kohorte extern
evaluiert wird.
7. Personaldecke an systemakkreditierten Hochschulen
Es ist eine steigende Zahl an Systemakkreditierungen zu beobachten. Doch um
diese an den Hochschulen wirklich sinnvoll und insbesondere nachhaltig umsetzen
zu können, ist eine ordentliche Personalabdeckung notwendig. Unterbesetzte
Qualitätsmanagementsysteme, die dabei vor allem mit befristeten und
Teilzeitstellen ausgestattet sind, können nicht die Qualität in Studium und
Lehre sicher stellen.
Der fzs fordert, dass im Rahmen von Systemakkreditierungen und
Systemreakkreditierungen die Personaldecke kritisch geprüft wird. Es muss eine
für die Größe der Hochschule angemessene Zahl an besetzten unbefristeten
Vollzeitstellen für das QM geben.
8. Befähigung zum zivilgesellschaftlichen Engagement und kritische Reflexion
Die Befähigung zum zivilgesellschaftlichen Engagement muss Bestandteil aller
Studiengänge sein. Es ist die Aufgabe der Akkreditierung zu überprüfen, dass
Qualifikationsziele zum gesellschaftlichen Engagement, Ethik, Nachhaltigkeit,
Wissenstransfer und Technikfolgenabschätzung Teil des übergeordneten
Qualifikationsprofils eines Studiengangs sind und sich auf Modulebene
verhältnismäßig abbilden.
Der fzs fordert, dass diese integraler Bestandteil des Curriculums sind und
nicht auf einzelne Veranstaltungen begrenzt sind. Jeder Studiengang soll in
mindestens zwei Studien- oder Prüfungsleistungen die diesbezüglich erworbenen
Kompetenzen überprüfen. Insbesondere die instiutionlisierte Selbstreflexion von
Gruppenarbeiten, Prozessen und Forschungsarbeiten soll dabei eine wichtige Rolle
spielen.
Absolvent*innen von Bachelor- und Masterstudiengängen sollen dazu in der Lage
sein, gesellschaftliche Dimensionen und technische Folgen ihres Handelns
abzuschätzen, zu bewerten, zu diskutieren und zu reflektieren. Die Aufgabe der
Akkreditierung ist dabei dafür eine Sensibilisierung auf Hochschulebene zu
schaffen und eine kontinuierliche Implementierung und Weiterentwicklung
entsprechender Lehr- und Lerninhalte zu garantieren.
9. Anerkennung und Anrechnung
Seit 13 Jahren ist die Lissabon-Konvention in Deutschland ratifiziert. Doch die
Praxis der Anerkennung von hochschulischen und die Anrechnung von
außerhochschulisch erbrachten Leistungen an den deutschen Hochschulen
funktioniert noch lange nicht flächendeckend. Doch um studentische Mobilität
zu ermöglichen und die immer noch bestehenden Hürden abzubauen, müssen
Anerkennung und Anrechnung besser funktionieren.
Daher fordert der fzs, dass in Akkreditierungsverfahren die Praxis der
Anerkennung und Anrechnung von Leistungen geprüft werden. Weiterhin muss die
Lissabon-Konvention in die MRVO und die Länderverordnungen aufgenommen werden.
Es ist dabei dafür Sorge zu tragen, dass Anträge niederschwellig und
bürokratiearm gestellt werden könen. Im Kontext der Anrechnung von
außerhochschulisch erbrachten Leistungen muss dafür Sorge getragen werden, dass
die tatsächlichen Inhalte geprüft werden und solche Anträge nicht mit einem
Verweis auf die angeblich fehlende Wissenschaftlichkeit, insbesondere im Bezug
auf Grundlagen-Vorlesungen, abgelehnt werden.
10. Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
Als letztes fachlich-inhaltliche Kriterium benennt die MRVO die
Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit. Aus den Berichten der
studentischen Gutachter*innen ist klar, dass dieses Kriterium bisher nur sehr
oberflächlich behandelt wird. Dabei ist es essenziell, im Sinne der Öffnung der
Hochschulen dieses Kriterium genau zu prüfen. Dies gilt insbesondere im Kontext
der Third Mission der Hochschulen.
Um dies zu erreichen fordert der fzs, dass jede Hochschule ein Gesamtkonzept
für die Geschlechtergerechtigkeit vorlegen muss. Dieses muss im Sinne der
Qualitätsentwicklung Regelkreise, Kennzahlen und Maßnahmen enthalten, um das
Ziel der Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Diese müssen sich auch immer
auf der Ebene der Studiengänge wieder finden. Des Weiteren fordert der fzs in
diesem Zusammenhang, dass die Begründung der MRVO um folgende Punkte erweitert
wird:
1. Geschlechtergerechtigkeit ist nicht binär, sondern bezieht sich auf alle
Geschlechter
2. Die Hochschulen müssen Vollzeitstellen für Gleichstellungsbeauftragte der
Hochschulen und halbe Stellen für Gleichstellungsbeauftrage der dezentralen und
zentralen Einrichtungen nachweisen. Zudem sind studentische
Gleichstellungsbeauftrage anzustellen
3. für das Engagment in Gremien müssen nicht-männliche Professor*innen und
Studierende einen Ausgleich erhalten
Zusätzlich fordert der fzs, den Begriff der Studierenden in besonderen
Lebenslagen offener zu denken. Dies gilt vor allem, aber nicht ausschließlich
für Studierende, die Angehörige oder Freund*innen pflegen, Studierende mit
körperlichen Beeinträchtigungen und Studierende mit psychischen
Beeinträchtigungen und/oder Erkrankungen. Für diese Gruppen muss ein breites und
niederschwelligeres Beartungsangebot bereitgestellt werden, welches auch auf die
Bedürfnisse der Studierenden zugeschnitten ist.
11. Umsetzung der European Standard und Guidlines
2015 wurden die European Standards und Guidlines neugefasst, unter starker
Beteiligung von ESU. Viele der Standards treffen im Kern die Forderungen des fzs
- Ausfinanzierung der Hochschulen, Studierenden zentriertes Lernen und stärkere
studentische Beteiligung an der Weiterentwicklung der Studiengänge und Systeme.
Die Gesetzgebung hat es leider verpasst die European Standards und Guidlines
vollständig umzusetzen.
Daher forder der fzs, dass die Musterrechtsverordnung überarbeitet wird und die
derzeit noch fehlenden oder zu schwach ausgestalteten Kriterien aus den European
Standards und Guidelines aufgenommen werden. Beispielhaft kann hier die Schulung
von Gutachter*innen genannt werden.
Begründung
Augrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 2016 wurden
maßgebliche Änderungen am Akkreditierungswesen vorgenommen. Der Ausschuss
Studienreform hat Kritik und Anmerkungen von studentischen Gutachter*innen
gesammelt und daraus Forderungen entwickelt. Diese können unter anderem den
studentischen Mitgliedern im Akkreditierungsrat als Handlungsgrundlage dienen,
um die studentische Positionen deutlicher zu untermauern.
Änderungsanträge
- RÄ1 (Daniel Janke (Studierendenvertretung Universität Würzburg), Eingereicht)
- RÄ2 (VS Hochschule Mannheim, Eingereicht)
- Ä3 (StuRa Uni Freiburg, Eingereicht)
- Ä5 (StuRa der Uni Heidelberg, Eingereicht)
- Ä6 (StuV Uni Würzburg, Eingereicht)
- Ä7 (Ausschuss Studienreform, Eingereicht)
- Ä8 (Jan Paulus (nes Gutenberg-Universität Mainz), Eingereicht)