Veranstaltung: | Mitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Inhaltliche Anträge |
Eingereicht durch: | Vorstand |
Status: | Zurückgezogen (unsichtbar) |
Eingereicht: | 30.07.2019, 16:36 |
I-05: Wissenschaftsfreiheit für alle!
Antragstext
Mit der Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes 2018 wurde ein Schritt in
Richtung Demokratisierung der Hochschulen getan:
- Es wurde eine paritätische Besetzung der Unigremien eingeführt, das heißt,
dass alle Statusgruppen mit gleichvielen Stimmen vertreten sind
(ausgenommen: Entscheidungen betreffend Wissenschaft und Forschung)
- Es wurde in manchen Gremien eine Quote für Frauen von 40% eingeführt
- Studienkommissionen müssen verpflichtend eingeführt werden
Ingesamt wird damit Professor*innen in Teilen die Möglichkeit genommen, mit
ihren Stimmen gegenüber Interessen der anderen Statusgruppen in der Mehrheit zu
sein. Dagegen haben nun einige Professor*innen Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Die Hauptkritik scheint sich an der paritätischen Besetzung des Senats
festzumachen: Die klagenden Professor*innen sehen sich in ihrem Grundrecht auf
Forschungs- und Lehrfreiheit beschnitten. Damit betrauern sie Privilegien, die
sie Jahrhunderte lang hatten. Ihre Infragestellung erscheint wie die Anzweiflung
der natürlichen Ordnung. Im Jahre 1973 noch bestätigte das
Bundesverfassungsgericht diese Auffassung: Professor*innen seien die
Verantwortungsträger*innen für Forschung und Lehre und damit der
Wissenschaftsfreiheit und müssten demgemäß auch die Möglichkeit haben, die
Entscheidungen der Hochschulen mit ihrem Votum maßgeblich zu steuern. Spätestens
seit die Rektorate bzw. Präsidien den größten Einfluss auf die Steuerung der
Hochschule haben, bedeutet das im hochschulischen Alltag meistens, dass die
Professor*innen vor allem die Möglichkeit haben, unbehelligt von anderen zu
walten.
Tatsächlich ändert sich das durch die aktuelle Form des Thüringer
Hochschulgesetzes nicht. In Fragen zu Forschung und Lehre haben die
Hochschullehrer*innen weiterhin die Mehrheiten. Die paritätische Besetzung gilt
nur abseits davon - obwohl allen klar sein sollte, dass auch Studierende,
Forscher*innen ohne Professur und die wissenschaftsstützenden Beschäftigten,
welche die Forschung und Lehre durch ihre Arbeit überhaupt erst möglich machen,
auch Träger*innen von Wissenschaft sind. Nur bei vielen Professor*innen,
Entscheidungsträger*innen und bei den Gerichten ist das bisher noch nicht
angekommen - der Vorstoß aus Thüringen ist daher ein guter und wichtiger Anfang.
Deshalb begrüßen wir, dass duch diesen Vorstoß das bisherige Paradigma der
allgegenwärtigen Professor*innenmehrheit aufgeweicht wird. Wir hoffen, dass
dadurch ein Anstoß gesetzt wird, die Gestaltung und Entscheidungskompetenzen an
den Hochschulen allgemein zu überdenken. Damit meinen wir nicht, dass wie von
den klagenden Professor*innen befürchtet, die Wissenschaftsfreiheit
eingeschränkt werden soll. Stattdessen muss erkannt werden, dass
Wissenschaftsfreiheit nicht mit Professor*innenmehrheit gleichzusetzen ist. Wir
erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht anerkennt, dass an der Wissenschaft
nicht nur von den Professor*innen getragen wird, sondern auch wissenschaftiche
und wissenschaftsstützende Mitarbeiter*innen sowie auch Student*innen. Darüber
hinaus ist Lehre kein einseitiger Vorgang, der nur von Lehrenden mit
Lehrfreiheit ausgeht. Auch Student*innen selbst tragen dafür eine Verantwortung
und müssen die Möglichkeit haben, an der Ausgestaltung und den Rahmenbedingungen
auf Augenhöhe mitentscheiden zu können.
Der fzs wird dazu auf dieser Basis in der nächsten Zeit weitere detailliertere
Konzepte ausarbeiten und diese in den öffentlichen Diskurs einbringen.
Begründung
Der fzs hat Positionen zu Paritäten, aber noch keine zur konkreten Situation in
Thüringen. Dies soll der Antrag ändern und explizit dazu aufrufen, in dieser
Angelenheit aktiv zu werden und einen Schwerpunkt zu setzen.